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IV. Kategorien und Gefüge der Organisation
A. Die K a t e g o r i e n o d e r i n n e r e n G r u n d v e r h ä l t -
n i s s e d e r O r g a n i s a t i o n . D e r s t ä n d i s c h e G r u n d -
z u g a l l e r O r g a n i s a t i o n
Die Kategorien der Organisation sind denn auch ganz andere
wie die des Rechts. Die Lebensbedingungen des Rechts wurzeln in
erster Linie in der lebendigen Gültigkeit seiner Wertungen; die
Lebensbedingungen einer Organisation in erster Linie in dem Ver-
hältnis, in welchem die organisierenden Handlungen zum organi-
sierten Inhalt (Gegenstand) stehen. Als erste Kategorie erweist sich
hier die Gleichartigkeit oder Verträglichkeit des zu organisierenden
Inhalts. Ob ein verhältnismäßig gleichartiger Inhalt in einer Or-
ganisation zusammengefaßt ist oder nicht, ist stets eine Lebensfrage
jeder Organisation. Zum Beispiel kann die Schusterzunft vielleicht
noch gedeihen, wenn die Taschner und Riemer mit einbezogen wer-
den, aber sicher nicht mehr, wenn auch die Schneider, Gewürz-
krämer und Schauspieler dabei sind. Eine moderne Gewerkschaft,
ein modernes Kartell wird von Anbeginn nur Kreise von hinläng-
licher Gleichartigkeit („Gleichartigkeit der Interessen“) zusammen-
fassen.
Hier offenbart sich noch eine zweite Kategorie. Ein Kartell kann
in der Regel nur gedeihen, wenn es den allergrößten Teil der im
Wettbewerb befindlichen Erzeuger erfaßt, das heißt wenn es die
homogenen Elemente, die es zusammenfassen will, annähernd be-
herrscht, z. B. wenn es seinen Markt „ausschöpft“, die Erzeugungs-
möglichkeiten „ausschöpft“, die technischen Möglichkeiten „aus-
schöpft“ usw., und auf diese Weise die sogenannte „ l a t e n t e
K o n k u r r e n z “ womöglich gar nicht aufkommen oder dem
schon vorhandenen Außenseiter kein Entwicklungsfeld läßt. (Fritz
Kestner, der diese Erscheinungen „Organisationszwang“ nennt,
zählt als Hauptkampfmittel des Kartells gegen den Außenseiter
auf: Sperre des Rohstoffs, der Arbeitskräfte, des Absatzes, des
Kredites, Bindung der Abnehmer durch Exklusivklauseln, Preis-
unterbietung, Verrufserklärung.) Auch auf geistigem Gebiete ist die
Lückenlosigkeit oder Vollständigkeit der Organisation eine wich-
tige Angelegenheit. Eine Kirche kann das religiöse Gemeinschafts-