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hieraus: Über- und Unterordnung ist die Daseinsform sämtlicher
gesellschaftlicher Erscheinungen, sofern sie als organisierte ange-
schaut werden.
Das organisatorische Grundverhältnis der Uber- und Unter-
ordnung hat mehrere Abarten oder Sonderformen: (1) wo sie ganz
unmittelbar beeinflussend ist, hat die organisierende Handlung zum
Stoffelemente das Verhältnis von He r r s c h e r u n d B e h e r r s c h -
t e m , Befehlendem und Gehorchendem; (2) in ihrer Stellung als
veranlassend: das Verhältnis von S c h ö p f u n g u n d N a c h -
a h m u n g , allgemeiner: von (schaffendem) Führer und Nach-
folger (Geführtem); (3) an die Stelle von wahrer Schöpfung kann
auch das bloß nachschöpfende Verhältnis ü b e r l i e f e r t e r A u -
t o r i t ä t treten; (4) als wegbahnend endlich, in Form von nur
mittelbarer Beeinflussung gedacht, nimmt die organisierende Hand-
lung das Verhältnis von V o r b e r e i t u n g des Weges und
A u s n ü t z u n g des Vorbereiteten ein, den das Stoffelement nur
beschreitet, ausnützt, wobei die Vorbereitung Möglichkeit (Potenz),
die Ausnutzung Verwirklichung (Aktuierung) ist; es ist aber auch
dies ein Verhältnis von Leiter und Geleitetem.
Indem diese verschiedenen Arten von unmittelbarer und mittel-
barer Beeinflussung und Veranlassung in den verschiedenen Organi-
sationsarten verschieden vorherrschen, finden wir auch jeweils an-
dere Formen des Grundverhältnisses von Uber- und Unter-
ordnung ausgeprägt. Im Staate, im Heere und ähnlichen auf un-
mittelbare Zwangsbeeinflussung gestellten Organisationen ist es das
Verhältnis von Herrscher und Beherrschtem, das allem zugrunde
liegt; in der Politik, in den Interessenvertretungen und anderen
freiwilligen Organisationen ist es das Verhältnis von Führung und
Nachfolge, das allem seinen Stempel aufdrückt. Bei den Organi-
sationen geistiger Gemeinschaft wird die Herstellung der bloßen
Vorbedingungen, die bloße Wegbahnung als Darbietung des
„Forums“ meistens das Wesentlichste solcher Organisation aus-
machen. So ist der „Bildungsverein“, das Theater, der Salon nicht
viel mehr denn eine vorbereitete Bahn, die beschritten werden kann,
aber nicht immer wird, im Gegensatz z. B. zur eindeutigeren Wir-
kung der Organisation im „Heere“. Freilich kann entsprechend dem
unentbehrlichen Organisationselemente der „Veranlassung“ nie-
8 Kleine Schriften