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V. Die wichtigsten Arten des Universalismus
Sie sind danach bestimmt, wie der Begriff der Ganzheit gefaßt
wird. Ich hebe nur die folgenden hervor:
A. Die M i l i e u t h e o r i e
Diese vermag nur einen Schein-Universalismus zu begründen,
da sie das Geistige ins Mechanische und Materialistische verkehrt.
Faßt man nämlich die Ganzheit und ihr Verhältnis zum Einzelnen äußerlich
auf (sensualistisch, materialistisch), wie es die moderne „Milieutheorie“ und der
historische Materialismus Marxens tut, dann ist der Einzelne nur mechanisches
Stück und „Produkt“ seiner „Umgebung“, des „Milieus“. Deutlich drückt dies
der berühmt gewordene Marxische Satz aus: „Es ist nicht das Denken der Men-
schen, welches ihr Sein, sondern ihr gesellschaftliches Sein [ihre Umwelt], welches
ihr Denken bestimmt.“ (Was Marx nicht hindert, in anderen wesentlichen Be-
langen, z. B. im Begriffe der Zukunftsgesellschaft als einer „klassenlosen Gesell-
schaft“ und „freien Assoziation“ der Individuen anarchistischer Individualist zu
sein!). — Diese Auffassung kommt als Lehrstück der Gesellschaftslehre schon
deswegen nicht ernsthaft in Betracht, weil bereits der Begriff der „Umwelt“
nichts rein Äußerliches, Stoffliches, Mechanisches ist, sondern selbst ein Ergebnis
geistiger Arbeit, geistiger Erfassung und Beurteilung des Einzelnen. Für Neger
ist ein Eisenerz- und Kohlenvorkommen keine „Umwelt“, für Hirtenvölker
nicht der gute Ackerboden und für stark selbstversorgende Naturalwirtschaften
ist ein schiffbarer Strom kein lebenswichtiger Verkehrsweg. Erz und Kohle als
Grundlage für eine Eisenindustrie, Ackerboden als Grundlage für ein Bauern-
leben, Schiffahrtswege als Grundlage für den Fernhandel erhalten ihre „Milieu“-
Eigenschaft also erst durch das, was sie in der Wirtschafts- und Geistesverfassung
der Menschen werden. — Aber selbst hiervon abgesehen, ist es wohl eine Ver-
wegenheit zu behaupten, der Mensch sei eindeutig von seiner Umgebung be-
stimmt, z. B. der Anblick des Nackten oder der „heitere Himmel“ in Griechen-
land bildeten die Grundlagen der künstlerischen Kultur Griechenlands!
Die Milieulehre stellt den mißlungenen Versuch dar, Ganzheit in der Ge-
sellschaft zwar zu erblicken, sie aber kausal (naturalistisch) zu fassen.
B. Die v e r a b s o l u t i e r e n d e n L e h r e n
Manche Arten, den Begriff der Ganzheit zu fassen, unterliegen
der Gefahr, das Ganze zu verabsolutieren, es als solches zu sub-
stantiieren, dadurch das Einzelne zu entwerten und es seiner ihm
zukommenden Selbständigkeit zu berauben. — Der Pantheismus
sowohl wie die Platonische und Hegelische Weltgeistlehre (diese bei-
den wenigstens in einigen Lehrbegriffen) neigen dazu, den Ein-
zelnen nur als Moment und Durchgangspunkte des Gesamtganzen