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Forderungen der Gerechtigkeit.."

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— Dieser vermittelnde Standpunkt ist

wertlos, denn er geht zuletzt doch auch wie Quesnay, Smith und ihre Schulen

von den selbstbestimmten wirtschaftlichen Handlungen des Einzelnen als dem

Primären aus.

Im Ganzen muß man leider sagen, daß weder von der romanti-

schen Schule, noch weniger von den späteren halbliberalen ge-

schichtlichen und Grenznutzenschulen dem individualistischen Lehr-

stücke vom Eigennutz ein geschlossenes organisches Lehrstück ent-

gegengesetzt wurde. Noch merkwürdiger ist es aber, daß — wie

die obige Darstellung zeigt — auch die individualistische Lehre vom

Eigennutz bis heute zu keiner systematischen Ausbildung kam!

Während sie fast die ganze Volkswirtschaftslehre beherrscht, blieb

sie bis heute in einem durchaus unfertigen Zustande.

III. Begriffliche Untersuchung

A. K r i t i k d e r G r u n d g e d a n k e n d e r i n d i -

v i d u a l i s t i s c h e n E i g e n n u t z 1 e h r e

Der von Quesnay bis heute unerschütterte Grundgedanke jeder

individualistischen Eigennutzlehre, wonach aus dem Zusammen-

treffen der eigennützigen Handlungen Einzelner die wirtschaft-

lichen Gesamterscheinungen — wie Geld, Tausch, Arbeitsteilung,

Regelung der Geldmenge — selbsttätig entstünden, ist unrichtig. Er

ist der eigentliche Grund- und Urfehler nicht nur der Eigennutz-

lehre, sondern aller individualistischen Wirtschaftsbetrachtung über-

haupt. Ihm ist der wahre organische Gedanke entgegenzusetzen,

daß wirtschaftliche Gebilde (Tausch, Markt, Geld und dergleichen)

nicht durch Zusammentreffen von Handlungen der Einzelnen ent-

stehen, sondern daß ein bestimmter, schon vorher entfalteter

G l i e d e r b a u der Wirtschaft jeweils schon da ist; und daß die-

ser Gliederbau es ist, welcher die Handlungen der Einzelnen i n

s i c h a u f n i m m t oder, vom Standpunkte des Einzelnen aus:

in den der Einzelne seine Handlungen e i n z u g l i e d e r n hat.

Demnach sind die jeweiligen wirtschaftlichen Gebilde nicht das Er-

gebnis der Wirtschaftshandlungen Einzelner, sondern umgekehrt

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Heinrich Pesch: Lehrbuch der Nationalökonomie, Bd 2, 2. und 3. Aufl.,

Freiburg im Breisgau 1920, S. 266 und öfter.