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theorie überhaupt erst möglich macht. (Dieser Punkt war die
stärkste, für die theoretisch verzweifelnde geschichtliche Schule un-
einnehmbare Stellung der alten klassischen Lehre.) Die organische
Lehre dagegen kann dem individuellen Eigennutz diese Stellung
nicht zuerkennen, aber auch sie muß nach einem grundsätzlich ein-
deutigen Bestimmungsgrunde der Wirtschaftshandlungen aus-
schauen. Die eindeutige Bestimmtheit wird ihr allerdings keine
kausalmechanische sein dürfen, sie wird sich aus der s i n n v o l -
l e n G l i e d e r u n g der Ganzheit ergeben.
Unsere Frage, einmal richtig gestellt, beantwortet sich nach un-
seren Voraussetzungen von selbst. Denn wenn, wie wir wiederholt
sahen, nicht die H a n d l u n g das Gebilde entstehen läßt, son-
dern das Nachfolgende, nicht das Begründende, sondern das Be-
gründete, nicht das Bedingende, sondern das Bedingte — und dann
liegt die eindeutige Bestimmtheit der Wirtschaft nicht in der Hand-
lung, sondern im Gebilde!; und dann endlich liegen auch die letzten,
die wesenhaften Bedingungen der Wirtschaftshandlung selbst nicht
im Individuum, sondern in dem Gefüge des jeweilig objektiv ge-
gebenen Gebildes. Daraus folgt: Nicht der Begriff des Beweggrundes
der Handlungen des Individuums steht in Frage, sondern der Be-
griff der Eingliederung der Handlungen und der besonderen
W e i s e dieser Eingliederung in die jeweils gegebenen überindi-
viduellen Wirtschaftsgebilde! Der subjektive „Beweggrund“ (das
rein individuelle, eigennützige Motiv) wird nur dann ein wirt-
schaftliches Handeln bewirken, wenn er zu einer Eingliederung
führt — was aber nur möglich ist, indem er sich zu einer genügen-
den Objektivität umbildet! Denn sich eingliedern heißt: den An-
forderungen der Ganzheit Genüge tun. I n d e m d e r B e w e g -
g r u n d z u m E i n g 1 i e d e r u n g s g r u n d
w i r d ,
k a n n
e r n i c h t m e h r a m S u b j e k t i v e n h a f t e n b l e i b e n ,
sondern muß auf Gefüge und Inhalt des Gliederbaues, in den der
Einzelne sich eingliedert, gehen. Der Beweggrund als Eingliede-
rungsgrund erst ist es, welcher die Verwertung besonderer subjek-
tiver Kräfte für die Wirtschaft bedeutet.
Unter den zu objektiven Eingliederungskräften umgebildeten,
anfangs subjektiven Beweggründen wird gewiß auch der Eigennutz
sein; aber er wird weder allein da sein, noch kann er je — was
entscheidend ist — als s o l c h e r zur Wirtschaftskraft werden.