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werden. Zum Beispiel bedarf man ihrer für das religiöse Leben
des Kirchengebäudes, für das künstlerische Leben des Schauspiel-
hauses. Die Quadersteine für Kirche und Schauspielhaus sind Mittel
für Ziele ebenso wie die Nahrung und Kleidung Mittel für die
Ziele des leiblichen Lebens sind. Selbst diese rein leiblichen Lebens-
ziele sind aber von der Geistigkeit einer Kultur, einer Gesellschaft,
einer Zeit wesentlich mitbestimmt, wie das Lebensideal des religiö-
sen Asketen im Vergleiche zu jenem des Epikuräers und Materiali-
sten lehrt.
Hiermit wird eine völlig andere Art der Wirtschaftsbetrachtung
begründet als in der individualistischen Lehre. Die Wirtschaft, als
ein „Gliederbau von Mitteln für Ziele“, unterliegt arteigenen Be-
stimmtheiten, arteigenen Kategorien. Diese Kategorien sind nicht
von derselben Art wie jene der stofflichen, der ursächlich-mechani-
schen Welt, sondern sie gehören einer s i n n v o l l e n , einer gei-
stigen, nämlich der ganzheitlich und zweckhaft zu begreifenden
Welt an. — Das wird sich sogleich erweisen, wenn wir den inneren
Aufbau der Wirtschaft, ausgehend von der Grundbestimmung
„Gliederbau von Mitteln für Ziele“, „Ganzheit von Mitteln für
Ziele“, weiter verfolgen.
In dem Begriffe „Mittel für Ziele“ liegt, daß die Mittel für die
Ziele etwas l e i s t e n . „Leisten“ ist aber etwas, was nur von dem
Zusammenhange der Ganzheit aus begriffen werden kann. Wir
nennen die Leistung auch Verrichtung oder Funktion. „Funktion“
jedoch nicht im mathematischen Sinne, sondern im zweckhaften, im
teleologisch-organischen Sinne. Nicht wie der Umfang des Kreises
die mathematisch-ursächlich gefaßte „Funktion“ des Radius ist, son-
dern wie das Pumpen des Blutes die sinnvolle Verrichtung, Aufgabe,
Leistung oder „Funktion“ des Herzens ist, so sind die „Funktionen“
in der Wirtschaft zu verstehen. Hier gibt es nur sinnvolle Leistungen
der Mittel für die Ziele. — Betrachten wir die Wirtschaft näher, so
finden wir überall Leistungen, Verrichtungen in diesem ganzheit-
lich-teleologischen Sinne. Der Boden einer Volkswirtschaft leistet,
die Gebäude leisten, die Maschinen leisten, die Rohstoffe leisten,
die Arbeiterhände leisten, die Leiter und Organisatoren leisten, die
Kapitalien leisten, die Betriebe leisten, usw. Da aber keine Leistung
allein denkbar ist, sondern nur in Gegenseitigkeit mit anderen
Leistungen, so erweist sich jede einzelne Leistung als Glied eines
16 Kleine Schriften