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III. Gesamtsinn, Instinkt, Trieb
Haben wir einmal durch den Begriff der unmittelbaren Verbun-
denheit mit dem Immateriellen und daraus folgendem Gemeinleben
mit der Natur festen Fuß gefaßt, so führt uns der Weg von selbst
weiter.
Mehr noch als die besonderen Sinnesempfindungen weisen uns
die allgemeineren, nämlich Gesamtsinn, Trieb und Instinkt, auf das
Mit- und Gemeinleben des Menschen mit der Natur hin.
Was ist der G e s a m t s i n n ? Unser ganzer Leib ist ein Sinnes-
organ, das Organ für den Gesamtsinn oder Allsinn, welcher die all-
gemeine Grundlage für die ins einzelne getriebenen Sondersinne
sind. Aus der Ganzheit des Leibes heraus erst zweigen sich die be-
sonderen Sinnesorgane, wie z. B. Auge und Ohr ab. Mit einem
Worte, alle Sondersinne erweisen sich als Äste eines Stammes. —
Die deutlichsten Beispiele dieses unseres Gesamtsinnes sind wohl die
inneren Organempfindungen; denn sie sind unbestimmt, sind nur
vergleichsweise arteigen und selbständig; ähnlich den verschwom-
menen elektrischen Spannungsempfindungen oder jener unbestimm-
ten Innigkeit, die wir bei der erfrischenden Empfindung des Atem-
holens haben.
Noch um eine Stufe tiefer wurzelnd, gleichwohl aber besonderter,
bestimmter, finden wir Instinkt und Trieb. Wir verweilen beim
ersteren.
Was sind I n s t i n k t e ? Sie sind nichts Geringeres als Äuße-
rungen des Gesamtganzen der Natur im Gliede; Zeugnisse des Auf-
einander-Angelegtseins aller Wesen in der Natur; Zeugnisse dessen,
daß nicht das Einzelwesen allein das Sein desselben erschöpfe!
Mit dieser Auffassung gehen wir verfahrenmäßig über die men-
genhafte, ursächlich-mechanistische und atomistische Betrachtungs-
weise der Naturwissenschaften hinaus. Wir gehen vom Gesamt-
ganzen der Natur aus! Und unser ganzheitliches Verfahren zeigt
uns in Instinkt, Trieb und auch in der Sinnesempfindung das Ge-
samtganze im einzelnen, die Natur im Gliede am Werke!
Wie deutlich lehren uns die meisten Instinkte das Gliedhafte
aller Einzelwesen im Gesamtganzen der Gattung und der Natur
überhaupt. Da sind zunächst die im engeren Sinne so genannten
G a t t u n g s i n s t i n k t e , welche in der Art der Geschlechtsliebe