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men genannt werden, insbesondere für die Zwecke der Kommuni-
kation mit der Natur im Elemente des Wassers: aber wie Fisch-
auge und Menschenauge so sind auch Fisch- und Menschengestalt an
innerem Gehalt verschieden. Die menschliche Gestalt hat einen un-
gleich höheren Reichtum der Gliederung, welche den Vernunft-
gebrauch widerspiegelt, daher auch höheren Adel der Schönheit
und Seele.
Würde man demgegenüber einwenden, es sei experimentell er-
wiesen, daß die Gestalt durch Wirkstoffe und Ernährungsweise
beeinflußt werde, so wäre das zuzugeben, träfe aber nicht das We-
sentliche. Die Gestalt hat in der Tat eine chemische Grundlage.
Aber nicht um die kausale Unterlage handelt es sich hier, sondern
um die letzten Hintergründe der Gestaltungsvorgänge. Diese Hin-
tergründe entstammen der Ganzheit, Idee, dem Geiste. Nicht erst
bei den Wirkstoffgruppen und Chromosomenbeständen, sondern
schon beim biochemischen Prozeß überhaupt zeigt sich ja der
geistartige Hintergrund des Organismus. Denn jene sogenannte
„Irrigation chemischer Reaktionen“, die anerkanntermaßen dem
biochemischen Prozesse zu Grunde liegt, ist ja eben bereits eine die
Kausalkette überhöhende T a t , — eine Äußerung der Ganzheit,
der Idee, des Geistes. Wie man die Sache auch betrachtet, allgemein,
grundsätzlich oder in ihrer experimentellen Konkretion (wobei
man auf Wirkstoffe, Kalküberschuß, Stickstoffmangel usw. stoßen
mag), stets sind es die q u a l i t a t i v e n U m w a n d l u n g e n ,
durch welche der Organismus sich seine Gestalt erwirkt. Daß der
Weg dieser qualitativen Umwandlungen der Organe über die orga-
nische Materie führen muß, ist eine selbstverständliche Notwen-
digkeit. Die Idee arbeitet stets nur in dem Material, das sie vorfin-
det, und mit keinem anderen.
Die Gestalt des Organismus kann nie aus dem Anorganischen
hervorgehen, denn dann müßte sie die Resultante zusammentreffen-
der mechanisch-chemischer Teilgestalten sein, was absurd ist. Viel-
mehr ist sie eine Entsprechung jenes geistigen Prinzips, welches sich
in dem betreffenden Organismus darlebt, aber, wie wir wiederholen,
eine Entsprechung auf a n d e r e r E b e n e , nämlich auf der
räumlich-stofflichen Ebene, welche das unräumlich-geistige Prinzip
mittelbar widerspiegelt.
Weil dem so ist, verstehen wir auch den W e r d e g a n g d e r
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