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W e c h s e l s e i t i g k e i t (die etwas Schöpferisches an sich hat)
enthalten ist. Das hätte zwar gerade die Verneinung der Kategorie
der mechanischen Ursächlichkeit ergeben; indessen stand Fichte
noch zu sehr unter dem Banne Kantens und der Empiristen, weshalb
er den großen Ansatz wieder verlor.
Eine gewaltige Leistung liegt in Fichtes Überwindung des Gegen-
satzes von praktischer und theoretischer Vernunft, indem nun Ver-
nunft nur „praktisch“, das heißt wesentlich sittlich bestimmt ist.
Die Sätze:
Das Ich setzt sich b e s t i m m t durch das Nicht-Ich, das heißt, es verhält sich
theoretisch;
das Ich setzt sich b e s t i m m e n d das Nicht-Ich, das heißt, es verhält sich
praktisch,
werden in ihrem Kern auch für einen ontologischen Standpunkt
zuletzt immer gültig bleiben. Sie allein beweisen schon, daß Fichtes
Kategorienlehre höher steht als jene Kantens.
Ein großer Zug in der Fichtischen Kategorienlehre ist besonders
auch der, daß keine Kategorie allein denkbar ist. Die Kategorien
gehören bei ihm viel wesenhafter zusammen als bei Kant, keine ist
sich selbst genug, jede ist durch die andere vermittelt und in diesem
g e g e n s e i t i g e n Sinne aus ihr abgeleitet. Die Aufhebung einer
einzigen Grundkategorie, zum Beispiel der Setzung, wäre die Ver-
nichtung des ganzen Systems, was vor Fichte von keiner anderen
Kategorienlehre in der Geschichte der Philosophie in solch unmittel-
barer Weise galt.
Endlich zeigt sich, was heute verkannt wird, bei Fichte schon jene
große Wendung, die dann Schelling und Hegel ganz vollziehen:
Die Stammbegriffe des Vestandes werden zugleich Stammbegriffe
des Seins, das heißt des Nicht-Ich, damit die erkenntnistheoretischen
Kategorien zu ontologischen.
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