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Um die Kategorien „Sein, Wesen, Begriff“ mit ihren Untertei-

lungen richtig zu verstehen, ist vor allem zu bedenken, daß sie

weder der Natur noch dem empirischen Geiste angehören, sondern

dem absoluten Sein, das vor Natur und Geist steht, daß sie also

S e l b s t b e s t i m m u n g e n d e s r e i n e n D e n k e n s sind,

der „Weltvernunft“, der schaffenden göttlichen Vernunft oder, wie

Hegel sagt: Gottes „vor Erschaffung der Natur und eines endlichen

Geistes“

* 1

. Die Kategorie „Sein“ ist mit einem Worte nicht als

Sein der Materie, sondern als Ursetzung des Geistes, des absoluten

Denkens zu verstehen.

Man kann im Gesamtsystem Hegels die Sache indessen auch so

ansehen, daß: a b s o l u t e s S e i n , N a t u r , G e i s t die Ur-

kategorien bilden. Wobei aber Sein, Wesen, Begriff in allen Setzun-

gen von Natur und Geist latent enthalten sind; ferner die „Natur“

als das „Anderssein“, der dialektische Gegensatz jenes a b s o l u t e n

Seins der unendlichen Vernunft, zu verstehen ist; schließlich der

endliche „G e i s t “ sich als „Zurückgekehrtsein in sich selbst“, als

Bewußtwerden am Objekt, der Natur, darstellt. „Der Geist hat für

uns die Natur zu seiner Voraussetzung, deren Wahrheit... er ist.“

2

Daß Hegels Kategorien durchaus die Selbstbestimmungen der ab-

soluten Vernunft, des „Weltgeistes“, sind, versteht man ganz, wenn

man bedenkt, daß sein geschichtlicher Ausgangspunkt S c h e l -

l i n g s Natur- und Identitätsphilosophie war: die Lehre, / daß

der Geist sich in der Natur „entäußere“, die Welt daher im Inner-

sten Geist sei, und daß im Absoluten Natur und Geist identisch

seien. Jedoch will Hegel sich nicht begnügen, diese Sphäre der Iden-

tität als „indifferent“ zu erklären, wie damals Schelling tat, sondern

bereits dialektische Setzungsschritte in ihr unterscheiden, das ist:

Sein, Wesen und Begriff. — Hegel faßt ferner damit das Identi-

tätsprinzip überindividuell, ontologisch. Er bestimmt es, wie Schel-

ling, als absolute Vernunft, in welcher Beziehung, aber nur in dieser,

sein System zum Panlogismus wird. Der Übergang von der sub-

senschaften, 3. Aufl., Heidelberg 1830, § 99; Ausgabe von Georg Lasson, z. Aufl.,

Leipzig 1905 (= Philosophische Bibliothek, Bd 33).

1

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Sämtliche Werke, herausgegeben von

einem Verein von Freunden des Verewigten, 19 Bde, Berlin 1832—87, Bd 4: Wis-

senschaft der Logik, TI 1: Die objektive Logik, Berlin 1833, S. 47; vgl. auch die

Ausgabe von Hermann Glockner, Stuttgart 1936.

2

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie . . ., § 381.