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niemals zum P a n t h e i s m u s , der fälschlich beide vermischt, indem er den

Schöpfer im Geschöpf untergehen läßt.

Zusatz über den Ausgliederungszwang

Wichtig ist auch, zu erkennen, daß analytisch kein Ausgliederungszwang des

Ganzen an sich festzustellen sei. Das beweisen zum Beispiel ausgestorbene Gat-

tungen, die sich jetzt nicht mehr ausgliedern, beim menschlichen Subjekte: Faul-

heit, Nicht-Entwickeln von Anlagen oder gar Selbstmord; das beweist allgemein:

Eigenleben, Freiheit, die den Ausgliederungsgang sogar der schon ausgegliederten

Ganzheit durchbrechen.

Der Satz: „ D a s G a n z e i s t a m G r u n d e d e r G l i e -

d e r“, ist nur eine Weiterführung des vorherigen Satzes, wonach es

in den Gliedern nicht untergehe; indem er dieses „Nicht-Unter-

gehen“, „Sich-nicht-Erschöpfen“ der Ganzheit im Gliede näher be-

stimmt. Er macht klar, daß die Ganzheit die Herrschaft über die

Teile behält. „Herrschergewalt“, „Schöpfergewalt der Ganzheit“,

„Oberhoheit“, „Führerschaft“, alle diese Bezeichnungen passen in

mehr oder weniger wörtlichem Sinne auf dieses Verhältnis. Das

„Nicht-Erschöpftwerden“,

„Nichtuntergehen“

ist

im

Sinne

des

Fortdauerns der die Glieder setzenden Kraft zu verstehen. Wenn

zum Beispiel der Gedanke, der das Wort ausspricht, entschwindet —

was wäre dann noch das gesprochene Wort? Nicht mehr denn eine

unverstandene Lauthäufung! Es wäre dann aber auch nicht mehr

„Glied“ eines Satzes, sondern / in dieser seiner Gliedhaftigkeit

vernichtet. Das Wort bleibt also Glied nur nach Maßgabe des

Fortdauerns der unverbrauchten Schöpferkraft der Ganzheit. Das

heißt es, das Ganze bleibt am Grunde des Gliedes.

Unsere früheren Beispiele dürften den Sachverhalt hinlänglich

aufgeklärt haben. Dennoch möge ihnen noch ein negativer Hin-

weis hinzugefügt werden. Wenn etwa ein Krieger im Kampfe plötz-

lich bemerkte, daß er die eigenen Truppen beschossen hatte, so

hielte er sofort inne. Was er getan, war nicht Glied einer gültigen

Ganzheit — das ausgliedernde Ganze hat hier aufgehört, am Grunde

der Glieder zu bleiben. Äußerlich gesehen ist es noch „Kampf“, was

hier vorgeht, aber dieses Tun hat seine Ganzheit verloren, hat

n i c h t s m e h r a m G r u n d e und hört daher auf, fällt

gleichsam in das Nichts, in die Sinnlosigkeit hinab. In der Bhaga-

vadgita läßt der zum Kampfe sich anschickende Held plötzlich die

Arme sinken, weil ihm dünkt, solches Beginnen sei sinnlos — der