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ausgliedernde Gedanke entschwindet. Und so überall: es wird das

Ausgegliederte seine Gliedeigenschaft verlieren, wenn das Ausglie-

dernde nicht am Grunde bleibt

1

.

§ 6

Lehrsatz 6: Das Ganze ist Alles in Allem. Alles ist in ihm

und es ist in Allem

Wenn die Glieder die Selbstdarstellung des Ganzen sind, so ent-

steht die Frage, in welchem Sinne das Ganze in den Gliedern sei und

die Glieder im Ganzen. Die Antwort auf diese Frage ist nach den

Sätzen 4 und 5: „Das Ganze geht in den Gliedern nicht unter“ und

„das Ganze ist am Grunde der Glieder“, eindeutig bestimmt. /

Die Frage des Verhältnisses von Ganzem und Glied wird in der

Metaphysik im Verhältnisse Gott—Welt von jeher behandelt. Es

stehen da einander bekanntlich gegenüber: der sogenannte De-

i s m u s (die Welt zwar ein Geschöpf, aber sich selbst überlassen,

gleich einer aufgezogenen Uhr), der P a n t h e i s m u s (Gott ist

im Geschöpf so sehr, daß er außerhalb des Geschöpfes nicht ist) und

der T h e i s m u s , auch als die All-in-Gott-Lehre oder P a n t h e -

i s m u s bezeichnet (Gott ist nicht im Geschöpf ausgeflossen, aber

alles ist in ihm enthalten). Mit den Mitteln der Ganzheitslehre ist

diese Frage eindeutig lösbar.

Nach Satz 4: „Das Ganze geht in den Gliedern nicht unter“, kann

das Erscheinen der Ganzheit in den Gliedern nicht als ein Nieder-

schlag oder Ausfluß betrachtet werden. Denn dann bliebe ja vom

Ganzen nichts übrig, die gleichsam versteinerten Glieder fielen in

das Nichts eines zentrumlos gewordenen Gewirkten hinab und die

Ausgliederung müßte aufhören; umgekehrt ist das entstandene

Glied kein versteinertes Ganzes, nicht etwas, was die ausgliedernde

Ganzheit (oder ihre Schöpferkraft) gleichsam geschluckt hat. Mit

diesen Überlegungen ist jene Lösung des Verhältnisses der Glieder

zum Ganzen ausgeschlossen, welche in der Metaphysik und Theolo-

gie als „Pantheismus“ im engeren Sinn bezeichnet wird. (Wir wer-

1

Weiteres über die, hier nur kurz abgehandelten Sätze 4 und 5 wird noch

später zu entwickeln sein, siehe über die „Rückverbundenheit“, § 21 ff.