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„Staatsbürger“, als „Familienglied“, als „Haushälter“, als „Krieger“,

als „Fabrikleiter“ ist etwas ganz anderes, wie der einzelne Mensch

an sich, nämlich wie der physiologische Körper „Mensch“.

Eine letzte Bemerkung ist endlich zum Begriff des „ B a n d e s“

und der „K o p u 1 a“ notwendig. Man spricht wohl oft von einem

Band, einem „einigenden Band“, welches um die Glieder gezogen

wird und sie zu einem Ganzen „verbindet“, „zusammenhält“, zur

„Einheit des Ganzen“ bringt. Und ähnlich spricht man von der

Kopula, die zum Beispiel in dem Satze S i s t P die verschiedenen

Teile „S“ und „P“ wie in einem gemeinsamen Punkte oder in eine

„höhere Einheit“ vereinigt.

Aber der Begriff des Bandes ist ein Fehlbegriff. In ihm wird wie-

der die falsche Vorstellung erweckt, als wären die Teile schon v o r -

h e r da, bevor sie Glieder des Ganzen sind, und als könnten sie da-

her durch Zusammenbindung, Zusammenfassung mittels des Ban-

des h i n t e r h e r zu einem Ganzen verknüpft werden. Solches

Zusammenbinden aber ergibt nur ein Bündel, nur eine Anzahl von

Stücken, nur ein Aggregat, jedoch niemals ein Ganzes, d e n n d i e

T e i l e s i n d a u ß e r h a l b d e s G a n z e n g a r n i c h t , und

am wenigsten sind sie, bevor das Ganze da ist (bevor sie überhaupt

Glieder sind). Wahr ist vielmehr nur dieses: die Ganzheit gliedert

sich in eigenen Besonderungen oder Gliedern aus. Diese Glieder

existieren daher weder vor der Ganzheit, noch nachher, noch auch

braucht die Ganzheit ein „Band“, um ihre Teile zusammenzubrin-

gen; denn ihre Teile sind nur ihr eigenes Besondertes, sind die

Ganzheit selbst in beschränkter Form. Darum können / zum Bei-

spiel nicht Menschen aus einem Urzustand absoluter Vereinzeltheit

heraus (ein Zustand, der begrifflich nicht zu Ende denkbar ist) „zu-

sammentreten“, um einen „Staat“ zu bilden, um sich gleichsam mit

dem Band „Staat“ zu umschlingen. Sie können nur aus der Staat-

lichkeit A (zum Beispiel Alt-Österreich) in die Staatlichkeit A‘ (zum

Beispiel Neu-Italien mit Südtirol) in ihrer Ganzheit und Gliedlich-

keit modifiziert, umgegliedert werden. Wo einmal ein Band ge-

braucht würde, wäre es mit der Ganzheit vorbei. Statt „Band“ muß

man vielmehr sagen „Befaßtsein“ des Gliedes im Ganzen oder

„Ausgegliedertsein“ aus dem Ganzen.

Die Kopula wieder drückt diese Ganzheit im obigen Beispiel

(S ist P) wohl richtig aus, dann ist sie aber keine (bandartige) Ko-