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Geisteswissenschaften bestimmenden Sätze nicht mehr nötig. Ledig-

lich auf das Gegenseitige von „Ganzes als solches“ und „seine Glie-

der“ sei hier noch besonders hingewiesen, weil es ein Grundverhält-

nis alles Seins betrifft. Es liegt im Wesen der Ausgliederung, so er-

kannten wir, daß die geschiedenen Glieder ihren E i n h e i t s -

b e z u g , gleichsam ihre Zentralisierung, behalten. Darum sind die

Glieder nichts ohne das Ganze, aber auch die Ganzheit ist nichts

ohne die Glieder, sie kann nur in Gliedern sich vermitteln, erschei-

nen, gleichwie der Dramatiker nur im Schauspiel, der Sänger nur in

Liedern sich vermittelt. Die Glieder sind die Selbstoffenbarung der

Ganzheit; eine der alten Mystik urbekannte Wahrheit, die Ange-

lus Silesius in den berühmten Worten ausspricht:

„Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben.

Werd ich zunicht, er muß von Not den Geist aufgeben.“

Hierbei ist „Gott“ freilich nicht in der Fülle seiner Gottheit,

nicht im innergöttlichen Leben, sondern als Schöpfer angesehen.

Daß der tiefste Sinn dieser Lehre gerade die Gleichsetzung von /

Ganzheit und Glied ausschließt und in ihrer Folge auch den P a n -

t h e i s m u s , zeigten wir oben

1

.

1

Siehe S. 81, 85 f. und öfter. Siehe auch in den Bemerkungen zur Text-

einrichtung eine Einteilung der Arten der Gliedhaftigkeit.