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Natur nichts Fremdes enthalten. Dagegen kann ein Haufen, ein
Geschiebe oder ein Mosaik alles mögliche enthalten, zum Beispiel
ein Geröll Gold mit sich führen, denn die / Dinge existieren ja in
ihm selbständig, nur für sich, der Haufen selber hat dagegen keine
ihm eigene Realität.
Daß Ganzheit ihrem Wesen nach nichts Fremdes in sich enthalten
kann, kommt daher, daß alles von ihr ausgegliedert ist; also muß
es ihres Stammes, ihrer Art sein. Hiermit nun ist „Ebenbildlich-
keit“ bereits gegeben, denn sie ist nichts anderes als die Weise, wie
sich „Ausgliederung“ vollzieht.
Schon die allgemeinsten Beispiele machen das Wesen der Eben-
bildlichkeit klar. Der Kristall besteht nur aus Kristallenem; der
Organismus nur aus Organisiertem, nicht aus Fremdem, das „Gift“
ist; das Haus besteht nur aus Hausartigem, nämlich aus Zimmern,
die alle selbst kleine Häuser sind; das Kriegsheer nur aus Krie-
gern; der Begriff besteht nur aus Denkelementen (aus „Merkma-
len“, nicht vielleicht aus Gemütsbewegungen, auch nicht etwa aus
Sinnesempfindungen, denn „rot“ zum Beispiel ist nicht in seiner
Eigenschaft als das lebhaft empfundene Merkmal, sondern nur in
seiner Eigenschaft als das in der Begriffsordnung Enthaltene, dem
Begriff Zugehörige, Denkgliedliche); das Kunstwerk besteht nur aus
gestaltlichen,
sinnlich-bedeutungsvollen
Schönheitselementen
seiner
arteigenen Norm, zum Beispiel das Gemälde nicht aus Farben-
flecken, sondern aus farbigen Gestalten — es kann aber auch nicht
aus Farbenpreisen oder aus Farbenchemie bestehen.
Das alles klingt selbstverständlich, ja hausbacken, und dennoch
liegt die Grund- und Urweise des Daseins, liegt ein Geheimnis des
Weltenbaues darin beschlossen. Heißt es doch nichts Geringeres als
dieses: Jede Ganzheit muß durch und durch ihr Wesen bewahren
und auf jeder Stufe in jedem Teile sich selbst darstellen, wenn sie als
Ganzheit bestehen und nicht der Vernichtung anheimfallen will.
Dies mögen noch folgende Beispiele erhärten, die meist wieder gar selbst-
verständlich klingen, aber doch die volle Aufmerksamkeit des geneigten Lesers
verdienen.
/
Das O r g a n i s c h e
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d u r c h
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d u r c h
o r g a n i s c h . Der
menschliche Körper baut sich nur in „Organsystemen“ auf, Nervensystem, Muskel-
system und so fort; die Organsysteme bauen sich aus Untersystemen und Orga-
nen auf, zum Beispiel motorisches und sensorisches, zentrales und peripherisches
Nervensystem; diese wieder aus „Zentren“ oder Organen; die Organe wieder
bestehen aus Zellen, welche abermals die Natur ihres Organs, ihres höheren
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