Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4017 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4017 / 9133 Next Page
Page Background

[154/155]

145

unsere Kategorienlehre steht die Sachlage völlig anders. Es g i b t

k e i n e

s i n n f r e i e ,

u n g e l e i t e t e ,

z u s a m m e n g e -

s c h n e i t e , g l e i c h s a m a n s S e i n g e r a t e n e Q u a l i -

t ä t , s o n d e r n n u r e b e n b i l d l i c h e Q u a l i t ä t . Es gibt

also nicht „Qualität überhaupt“, sondern nur sinnvolle Bestimmt-

heit des Seins, nämlich Ebenbildlichkeit. Es gibt auch nicht in einem

andern Sinne „Qualität überhaupt“, daß nämlich neben Rot und

Blau, dieses einmal vorhanden, beliebige weitere Qualitäten, zum

Beispiel Tiefe und Breite, Ton, Elektrizität und Bewegung usw.

usw. / sein könnten; sondern es gibt auch das Zusammengehören,

die Entsprechung der „Qualitäten“ nur n a c h M a ß g a b e von

Ebenbildlichkeit, anders ausgedrückt, als gliedliche Bestimmtheit.

Damit ist wohl das Willkürlich-Zufällige der „Qualität“ wie —

auch in diesem Zusammenhange wieder — das Sein als Kategorie,

die Leere des Seins aus der Kategorienlehre verwiesen.

In der heutigen, empiristischen Kategorienlehre gilt die Quan-

tität als das Ursprüngliche, was wir in den Satz kleiden können;

Quantität ist vor Qualität, Quantität schlägt in Qualität um, ein

Satz, dem besonders der Atomismus und das mathematisch-ursäch-

liche Verfahren folgen, den der Marxismus auch in der Gesellschafts-

wissenschaft offen zu vertreten sich erkühnte. Aber auch in der indi-

vidualistischen Volkswirtschaftslehre (Preis als Bedingung der Er-

zeugung und Verteilung) und Gesellschaftslehre (Gesellschaft =

psychologische Wechselwirkung, die mit wechselnder Anzahl der

Wirkenden verschieden qualitative Ergebnisse erzielt), finden wir

ihn an der Herrschaft.

Nach unseren Voraussetzungen muß umgekehrt der Satz gelten:

Q u a l i t ä t i s t v o r Q u a n t i t ä t . Dies kann nicht anders

sein, weil alle „Qualität nur ebenbildliche Bestimmtheit ist, und

weil darum das Gesetzte auch seiner M e n g e nach sich von Eben-

bildlichkeit herleiten muß.

Nicht die Quantität ist zuerst und bildet dann Qualität, nicht die

Teile sind zuerst und bilden dann das Ganze, sondern das Ganze,

Qualitätgebende ist zuerst, bildet dann ebenbildlich die Glieder und

bestimmt damit auch das, was von gewissen Standpunkten aus als

Quantität erscheint.

Daß in Gesellschaftslehre, Seelenlehre und den andern Geisteswissenschaften

in Wahrheit die Priorität des Qualitativen vor dem Quantitativen gilt, dafür

10 Spann 9