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t a t der Glieder und Ganzheiten (die ja, nach oben gesehen, stets
wieder nur Glieder sind), verstehen aber darunter nicht die P e r -
s ö n l i c h k e i t
1
.
In dieser einsichtigen Ableitung der Unwiederholbarkeit und
Einzigartigkeit alles Seienden feiert die Ganzheitslehre ihren schön-
sten Sieg über Atomismus und Individualismus. Vom atomistischen
Standpunkt aus ist nicht einzusehen, warum nicht die Atomwirbel
auch zwei gleiche Eichenblätter, zwei gleiche Menschen usw. ergeben
sollten; vom individualistischen Standpunkt der Gesellschaftslehre
aus ist gleichfalls kein Grund, die Möglichkeit abzulehnen, daß zwei
gleiche Individuen auftauchen. Nur die Ganzheitslehre kann einse-
hen, kann beweisen, daß keine zwei absolut gleiche Eichenblätter
gefunden werden können und wenn die ganze Erde voller Eichen-
wälder wäre; daß keine zwei absolut gleiche Menschen gefunden
werden können und wenn die ganze Erde voller Zwillingsbrüder
wäre: denn niemals kann die Ausgliederung der Ganzheit auf Dop-
pelgängertum ausgehen.
Aus der unwiederholbaren Individualität alles Bestehenden folgt ferner die
absolute
Geschichtlichkeit alles Daseins;
und zwar derart, daß sie auch vor der
physikalisch-mechanischen Welt nicht Halt macht, in der niemals die gleiche
Sonne aufgeht, niemals der gleiche Stein zur Erde fällt. Aber der Begriff dieser
Geschichtlichkeit und Einmaligkeit ist, w e i l a u s G a n z h e i t u n d n i c h t
a u s A b f o l g e , S u m m a t i o n f o l g e n d , v o n s o l c h e r A r t , d a ß
z u g l e i c h d a s S y s t e m a t i s c h e w i e a u c h d a s U n w i e d e r h o l -
b a r e f ü r i h n w e s e n s b e s t i m m e n d w i r d . Das Systematische, Theo-
retische, Nomothetische folgt aus den durch alle Ganzheiten jeweils hindurch-
gehenden, also Allgemeinheit darstellenden Teilinhalten, sowie aus der Allge-
meinheit der höheren gegenüber der niederen Stufe; die Unwiederholbarkeit folgt
aus der einzigartigen Stelle jedes Gliedes im Ganzen
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.
Die Tatsachen der Nichthomogenität und unwiederholbaren Indi-
vidualität der Teile eines Ganzen ergeben aber andererseits doch
keine Heterogenität der Teile, ergeben keine / Welt, die aus
schlechthin Verschiedenem aufgebaut wäre. Im Begriffe der Ganz-
heit liegt sowohl der Ausschluß des Homogenen, der Gleichheit,
wie auch anderseits die ganz bestimmte „Variationsbreite“ be-
schlossen, in ihm liegt, daß die Mannigfaltigkeit der Ausgliederung
nur innerhalb jener Gattungsbestimmtheit (Allgemeinheit) sich
bewegt, die mit der Bestimmtheit des jeweiligen Ganzen vorge-
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Darüber siehe unten § 29, S. 266 ff.
2
Weiteres vgl. unten § 19 unter „Umgliederung“, S. 182 ff.
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