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sen. Ungleich es aber / muß, weil von verschiedener Ganzheits-

nähe oder Wesentlichkeit, auch verschiedenen Rang haben.

Der Rang der Dinge begründet eine Stufenleiter, in der das je-

weils Höhere dem Niederen

vorgeordnet

ist oder den

Vorrang

(Primat) besitzt, während das Niedere

nachgeordnet

ist oder den

Nachrang

innehat. Die Gesetze des Vorranges und Nachranges —

zum Beispiel „geistige Gemeinschaft ist vor handelnder“, „Staat ist

vor Wirtschaft“ — sind vor allen anderen ganzheitlichen Erkennt-

nissen dazu bestimmt, die Kausalgesetze der mechanistischen Wis-

senschaft zu ersetzen

1

.

Demnach hat jeder Teilinhalt, der ausgegliedert wird, einen dop-

pelten Rang:

(1)

den Stufenrang,

(2)

den Rang der Teilinhalte untereinander.

So zum Beispiel gilt in der Gesellschaft „das Geistursprüngliche

ist vor dem Abgeleiteten“, oder „Geist vor Handeln“, zum Beispiel

Wissenschaft vor Wirtschaft. Diese Sätze gelten aber rein und un-

gestört nur bei gleichem Stufenwerte beider Teilinhalte.

II.

Ein Wort zur Unterscheidung unserer Kategorie „Rang“ von

dem Begriff „Wert“, „Gültigkeit“, „Sollen“, „Norm“

in der neukantischen Schule

Bei den Neukantianern schwebt der „Wert“, das „Gelten“ in der Luft. „Hie

Sein, hie Wert und Geltung“ heißt es bei ihnen. Die beiden können nie

Zu-

sammenkommen. Dabei steht es in Wahrheit so, daß ihnen Sein vor Sollen

(Wert, Gelten) geht

2

.

Nach unseren Voraussetzungen ist das Sein nur als Gesolltes denkbar. Es

gilt nicht nur ganz im allgemeinen „Sollen geht vor Sein“, „Wert ist vor Sein“,

„Sein ist erfülltes Sollen“

3

; sondern im besonderen zeigt sich uns, daß ein

S e i n o h n e W e r t u n t e r s c h i e d n i c h t m ö g l i c h i s t , weil ganz-

heitliches Sein von Anbeginn auf der Darstellung (Verwirklichung) v e r s c h i e -

d e n e r Werte, verschiedenen Ranges beruht, / von Anbeginn darauf ange-

legt ist. Ganzheit, so sahen wir eben zuvor, ist als bestehend aus Gliedern ver-

schiedener Ganzheitsnähe, nicht nur auf organische Ungleichheit der Glieder,

sondern auch auf Wertungleichheit der Glieder angewiesen.

1

Vgl. unten S. 156.

2

Vgl. Hermann Cohen: System der Philosophie, 3 Bde, Bd 2: Ethik des

reinen Willens, 3. Aufl., Berlin 1921, S. 23, 27 f. und 995 [4. Aufl., Berlin 1923].

3

Was oben kurz begründet wurde, siehe S. 107 ff. und unten drittes Buch,

„Ausblicke“, zweiter Abschnitt, S. 315 ff.