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Geschickes empfunden, und darum wird überall gefordert, daß der

Gebieter um so mehr u n t e r t a n sei, dem, was noch über ihm

ist, dem Gesetz und Gott.

Wenn irgendwo, so läßt uns hier die Lehre von den Weisen des

Seins einen tiefen Blick in die geheimen Gesichte des Lebens, der

Geschichte und selbst der Natur tun. Gleichheit ist Weltentod, Un-

terscheidung, Rang erst ist Leben.

Zusatz über die Anwendung der Kategorie des Vorranges in den

Geisteswissenschaften

Die Kategorie des Ranges oder, was dasselbe ist, des Vorranges, ist grund-

legend für die V e r f a h r e n l e h r e jeder Wissenschaft, die ihren Gegen-

stand nicht mechanistisch auffaßt, also besonders für die Geisteswissenschaften

und die biologischen Wissenschaften. Durch die Kategorie des Vorranges wird

die Zweckkategorie, die t e l e o l o g i s c h e M e t h o d e , erst praktisch über-

wunden (dies allerdings auch durch die Kategorie der Leistung

1

), was nament-

lich für die gesellschaftlichen Wissenschaften von entscheidender Bedeutung ist. /

Soziologische Lehrsätze wie „Religion ist vor Wissenschaft und Kunst“, „Staat

ist vor Wirtschaft“; volkswirtschaftliche Lehrsätze wie „Erfindung ist vor Er-

zeugung“, „Geld ist vor Ware“ (sofern Geld „Kapital höherer Ordnung“, „Orga-

nisation ist) geben der ganzheitlichen Analysis ihr logisches und methodologi-

sches Gepräge und bieten erst vollen E r s a t z f ü r d i e u r s ä c h l i c h - m a -

t h e m a t i s c h e n G e s e t z e , welche seit Comte und Ricardo fälschlich in

diesen Wissenschaften erstrebt wurden. — Das gleiche gilt für die Psychologie.

Auch hier gelten zum Beispiel keine mechanischen „Assoziationsgesetze“, sondern

einsichtige Vorrangsätze. — In der Philosophie beweist zum Beispiel seit Kant

der Streit um den „Primat (das heißt Vorrang) der praktischen Vernunft“ die

Bedeutung der Kategorie des Ranges für die Sittenlehre.

§ 15. Die abgeleiteten Vollkommenheitsweisen der Eben-

bildlichkeit: Vorbildlichkeit — Sinnbildlichkeit — Stil

Sollen ist vor Sein; aber Sollen kommt erst im Sein zur Geltung,

so fanden wir früher

2

. Darum bestimmen die Sollensweisen alle

Seinsweisen, sie bestimmen sie jedoch jeweils in artgemäßer Form.

Die allgemeine, formale Vollkommenheitsform der Ebenbildlich-

keit, wie wir sahen, ist der Rang. Da aber Ebenbildlichkeit ein

Bildendes, Inhaltliches in sich hat, so besondert sich die Vollkom-

menheit noch weiter. Die wichtigsten dieser Besonderungen sind:

Vorbildlichkeit — Sinnbildlichkeit — Stil.

1

Siehe unten S. 160.

2

Siehe oben S. 107 ff., 153 und unten drittes Buch, zweiter Abschnitt, S. 315 ff.