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zu stillen, gibt es keine Mittel schlechthin, sondern nur solche, die
sich auf der Grundlage ganz bestimmter „Ursächlichkeiten“ voll-
ziehen. Man muß zum Beispiel Nahrungsmittel mit bestimmten
„Kalorien“,
bestimmtem
„Eiweißgehalt“,
also
bestimmten
che-
misch-physikalischen Beschaffenheiten — die wir ja Ursächlichkeit
zu nennen pflegen — zu sich nehmen. Im B e g r i f f d e s M i t -
t e l s u n d s e i n e r Z i e l e r r e i c h u n g , d a s h e i ß t L e i -
s t u n g , i s t d a h e r j e w e i l s e i n e m g l i e d h a f t - t e -
l e o l o g i s c h e n T a t b e s t a n d e i n u r s ä c h 1 i c h - t e c h -
n i s c h e r z u g e o r d n e t . Das Primäre im Begriff des Mittels
ist aber das Verhältnis Glied : Ganzes, oder, teleologisch gefaßt,
Vor- / zweck : Endzweck; erst ein Sekundäres, Wechselndes ist die
Notwendigkeit, diese zweckhafte Gliedlichkeit auf bestimmte Ur-
sächlichkeitskomplexe zu gründen. Die Gültigkeit der Ziele und die
Gültigkeit der Mittel bleibt aufrecht, auch wenn sich die technisch-
kausalen V o r a u s s e t z u n g e n (es sind nur Voraussetzungen)
ändern. Das Ziel, einen bestimmten Ort zu erreichen, kann man
durch Gehen, Reiten, Wagen, Eisenbahn verwirklichen — dasselbe
Ziel auf der Grundlage ganz verschiedener Kausalitäten; das Ziel,
satt zu werden, kann man durch Früchte, Fleischnahrung, Pflanzen-
nahrung auf hundert verschiedenen Wegen erreichen. Während sich
die kausalen Voraussetzungen ändern, bleibt das Ziel, das von sich
aus gilt, gleich.
Daß der Begriff der Leistung als ein unkausaler, gliedlicher (glied-
lich-teleologischer) in der Volkswirtschaftslehre, wo er der tragende
Begriff ist, nicht durchdrang, daran ist neben der kausaltheoreti-
schen Einstellung des neuzeitlichen Denkens überhaupt auch die
Meinung der bisherigen Logik schuld, daß das Mittel durch seine
Ursächlichkeitseigenschaft bestimmt sei. Man spracht von einer
„Kausalität der Mittel“
1
. Man hielt fälschlich diese Kausalität nicht
für eine Vorbedingung oder eine nur abgeleitete Seite des Mittels,
sondern für das Wesentliche daran. Die „Funktion des Mittels“ sah
man daher als eine technische, physikalisch-chemische, kausale an.
Man bedachte nicht, daß der Begriff der physikalisch-chemischen
Vorgänge in einer Fabrik nicht der wirtschaftliche Begriff der
1
Christoph Sigwart: Logik, 2 Bde, Bd 2: Die Methodenlehre, 3. Aufl.,
Tübingen 1904, S. 752. Wilhelm Wundt: Logik, 2 Bde, Bd 1: Allgemeine Logik
und Erkenntnistheorie, 4. Aufl., Stuttgart 1919, S. 629 f.
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