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I. Die Vermittlung
Mit dem Stufenbau unmittelbar gegeben ist die Vermittlung.
Denn das Untere verkehrt nicht unter Überspringung der Zwi-
schenglieder mit dem Obersten, der Krieger nicht mit dem Feld-
herrn, der Bürger nicht mit dem König. Sondern die Zwischen-
stufen übernehmen jeweils die Vermittlung. Hierfür einige Bei-
spiele.
Faust beschwört den Erdgeist, aber unvermittelt kann er seinen Anblick nicht
aushalten und nichts von ihm empfangen. „Weh, ich ertrag dich nicht!“ muß er
ausrufen. — Platon sagt von der Gottheit: „Den Schöpfer dieses Alls zu finden,
ist schwer, ihn allen zu verkünden, unmöglich.“
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— Diese Sätze gelten, indem
sie die Unmittelbarkeit ablehnen, ganz allgemein. Jedes Glied einer Ganzheit,
jedes Wesen kann normalerweise nur mit dem ihm Nächsthöheren oder Niederen
verkehren, nur mit jener Zwischenstufe, die unmittelbar über oder unter ihm steht.
Der König (Präsident) kann nicht mit den niedersten Staatsorganen, den unter-
sten Beamten und Bürgern verkehren; der gesamte Staatsapparat schiebt sich
dazwischen. — Der General befiehlt nicht selbst den Kriegern, sondern läßt seine
Befehle durch Untergeneräle, Oberste, Hauptleute und Feldwebel hinabsickern,
vermitteln. — Der Papst befiehlt nicht den Pfarrern und Gläubigen, sondern
wendet sich an die Kardinale.
In allen drei Fällen gibt es allerdings Ausnahmen, wie „Umgehung des Dienst-
weges“, Audienzen, Gnadenakte, durch die der Höchste unmittelbar mit dem
Niedrigsten in Verbindung treten kann. Es sind diese Fälle aber nicht nur
grundsätzlich etwas Außerordentliches, sondern noch mehr. Alle Audienzen,
Gnadenakte und dergleichen sind ihrer Natur nach auch eine Verkleidung, Ver-
wandlung des obersten Herrschers in eine Art von / Zwischenstufe, weil der
König, der Papst, der Feldherr, welcher Audienz gibt, dann nicht eigentlich als
H e r r s c h e r auftritt, sondern, wie jedem Eingeweihten klar ist, vielmehr als
ein vom Herrscherrecht ausnahmsweise nicht voll Gebrauchmachender, als einer,
der „Gnade übt“, der in „leutseliger“, gemilderter Stellung erscheint, der diesmal
a u ß e r der Ordnung in den Stufenbau des Staatslebens, Kirchenlebens, Heer-
lebens eingreift, der einmal sich herabläßt.
Weitere Beispiele: Der Forscher spricht nicht zum Volk, sondern zu den füh-
renden Gelehrten; diese sprechen nicht zum Volk, sondern zu den studierenden,
von ihnen erzogenen höheren und mittleren Lehrern; diese erst sprechen zu den
Schülern und stufenweise zu bestimmten Kreisen und zuletzt zur breiten Menge. —
Der Künstler spricht nicht zur Menge, sondern es bedarf der Kritiker, Erklärer,
Darsteller, Herausgeber verschiedenster Art, um die Kunst dem Volk zugänglich
zu machen. — So endlich spricht auch Gott nicht zum Menschen, er bleibt in der
großen Welt verborgen. Dem Moses offenbarte sich Gott im brennenden Dorn-
busch, Wotan erscheint als Wanderer, die Walküre erscheint nur dem Sterbenden
— überall Verkleidung, Vermittlung.
Diese Beispiele zeigen einsichtig die Weise der Vermittlung. Das
Wesen der Vermittlung liegt in A u s w a h l u n d Z u r i c h -
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Platon: Timaios, p. 28e.