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Z e i t f o r m . Es sind dies der Kreislauf oder die regelmäßige Wie-
derkehr (Periodizität) und die Altersstufe oder Epoche.
Alles was geschieht, hat den „Pulsschlag der Zeit“, geschieht in
regelmäßig wiederkehrenden Formen oder Kreisläufen. Die kosmi-
schen Kreisläufe (zum Beispiel die Jahreszeiten), die physikalisch-
chemischen Kreisläufe (des Kohlenstoffes, des Wassers, „periodisches
System“ in der Chemie), die organischen Kreisläufe (Herzschlag
und Atemzug, Schlaf und Wachen) bieten ebenso viele schier un-
erschöpfliche Beispiele wie die Kreisläufe der geistigen Ganzheiten;
so in der Sprache die Sätze und Perioden, im Gedicht die Strophen
und Reime, in jeder Staats- und Betriebstätigkeit „des Dienstes
ewig gleich gestellte Uhr“; so der jährliche Staatsvoranschlag, die
Sessionen; der Kreislauf der Religionsübungen (das „Kirchen-
jahr“), der Kreislauf der Wirtschaft (Produktionsperiode, Kreislauf
des Geldes, der Kreditgeschäfte, „Fullartons Satz der Notenrück-
strömung“) bilden weitere Beispiele
1
.
/
So verstanden, enthüllt sich die Periodizität, die überall in Natur,
Geist und Leben angetroffen wird, als eine notwendige Kategorie
der Umgliederung.
2.
Z e i t s t u f e n o d e r E p o c h e n
Da die entfaltende Umgliederung kein mechanisch-sinnloser Vor-
gang ist, so kann es bei der bloßen Form des kreisförmigen Wieder-
kehrens nicht bleiben. Es müssen auch Zeitstufen (Altersstufen,
Epochen, Stadien) entstehen. Die stufenbauende Ebenbildlichkeit ist
es, welche die Zeitstufe schafft und damit jene Forderung erfüllt, die
im Begriffe der „organischen Zeit“
2
logisch gelegen ist.
Die natürlichen Zeitstufen der Umgliederung jeder Ganzheit
sind: Beginn der Selbstdarstellung, Kindheit (Morgen); Volldar-
stellung, Vollgenüge oder Reife, Zeit der Mitte und Höhe (Mittag);
Alter, Vertiefung, die aber zugleich innere Erneuerung sein kann
(kein Naturkreislauf!).
Den Übergang von der einen zur andern Zeitstufe kann man als
eigenen Kreis herausheben als die U m g l i e d e r u n g s - W e n d e .
1
Näheres darüber siehe in meinem Buch: Fundament der Volkswirtschafts-
lehre, 3. Aufl., Jena 1923, S. 123 ff. [4. Aufl., Jena 1929, S. 123 ff., 5. Aufl.,
Graz 1967].
2
Siehe oben S. 196.