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§ 24. Fünklein und Ausgliederungsmitte
Lehrsatz 13: Das unausgegliederte Ganze hat die Weise des
Fünkleins oder der Urmitte; und die Weise der jeweiligen
konkreten Ausgliederungsmitte oder des Zentrums
I. Das Fünklein
Es ist ein alter, von verschiedenen Schulen und Richtungen
immer wieder gelehrter Satz: daß das Ganze ungeteilt und daß es
unmittelbar in allen Gliedern sei.
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Versteht man darunter nicht etwas Unklares, verbirgt sich hier-
unter nicht ein unvollziehbarer Begriff? Nein! Das, was man die
„Einheit“, die „Solidarität“ des Organismus, jeder Ganzheit über-
haupt, zu nennen pflegt, und was wir oben
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in vielen Beispielen
der „Entsprechung“ kennenlernten, zeugt schon allein hiervon aufs
deutlichste. Im Organismus reagieren alle Glieder auf die Verände-
rung eines einzigen; auf einen Nadelstich hin zuckt der ganze
Körper zusammen. Die Wegnahme des Königs, des Ministers ver-
ändert den ganzen Staat, die Wegnahme einer Maschine verändert
die ganze Fabrik, die Wegnahme eines Mittelsatzes verändert die
ganze Schlußkette, die Wegnahme eines Tonsatzes die ganze Sym-
phonie. Wir verglichen diese vollkommene Empfindlichkeit mit der
P r i n z e s s i n a u f d e r E r b s e . Die strenge Einheit des Gan-
zen läßt sich kein X für ein U vormachen.
Wesentlich ist nun, den Irrtum abzuwehren, als könne dieser
Einheitsbezug in mechanistischer Weise, nämlich als „besonders enge
Wechselwirkung der Teile“ erklärt werden, wodurch sich angeblich
ein Organismus von einem andern „Gleichgewichtssystem“ unter-
scheide. Denn wenn selbst der Organismus auf solche Weise auffaß-
bar wäre (was er nicht ist), so wäre damit durchaus kein Einheits-
bezug nach ganzheitlicher Art, nach Art der sinnvollen Entspre-
chung hergestellt, sondern nur hier eine losere, dort eine engere
„Verknüpfung“ gegeben. Darum paßt denn auch die Hypothese der
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Siehe S. 174 ff.