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Hiermit wird es klar, daß Mittewendigkeit als Selbstaufhebung
des Gliedes zugleich die Grundlage aller Z e u g u n g ist. / Denn
jede Umgliederung enthüllte sich uns schon früher
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und enthüllt
sich uns wieder in dem neuen Zusammenhang als Fortsetzung des
Lebensganges der Glieder und des Ganzen, als Fortzeugung. Da-
durch entsteht der Zirkel: Zeugung enthüllt sich als bloßes Umglie-
dern (Um-Schaffen, nicht erstes Neuschaffen); Umgliedern enthüllt
sich als Zeugung. Denn in ihr werden durch Selbstaufhebung der
Glieder diese reduziert und dann verjüngt wieder neu ausgegliedert.
— Zeugung ist ein Bestandteil alles Lebens in jedem Augenblick,
nicht eine gesonderte Eigenschaft eines bestimmten Bereiches des
Organismus
2
. Nach dem Satz: „Mitte hat Art“, geschieht Zeugung
auf arteigene Weise unaufhörlich in allen Zentren des Organismus,
in allen lebendigen Ganzheiten.
Der Begriff der Zeugung als Selbstaufhebung des Gliedes in seiner
Mitte enthüllt auch das Geheimnis der Geschlechtlichkeit. „Mitte“,
so sahen wir, gliedert niemals e i n Glied aus, sondern mehrere.
Es hebt sich daher auch nicht ein Glied allein in der Mitte auf, son-
dern dazu gehört die brüderliche Gegensätzlichkeit des anderen, sich
in der Mitte aufhebenden Gliedes. Diese Gegensätzlichkeit ist es,
welche die Grundlage der Geschlechtlichkeit bildet. Nicht in sich
selbst zeugt und bildet die Rückverbindung, sondern sie empfängt
aus der Entsprechung einer anderen Rückverbindung im gleichen
Zentrum und sie zeugt im anderen Glied des Zentrums, das sich ihr
gleichfalls durch Rückverbindung selbstaufhebend (empfangend)
darbietet. Die Begriffe „Mitte“, „Umgliederung“, „Zeugung“, „Ge-
schlechtlichkeit der Zeugung“ — und wie wir später sehen werden
„Gezweiung“
3
— weisen daher aufeinander hin, erklären einander
gegenseitig und gehören zusammen. Der später zu begründende
Satz: „Keine Ganzheit schafft allein“, ist die letzte Vollendung die-
ses Netzes von Begriffen.
Wenn es in der organischen Welt Fälle ungeschlechtlicher Fortpflanzung gibt,
so beweist das nur, daß die Trennung der gegensätzlichen / (zeugenden)
Sphären nicht überall äußerlich zum Ausdruck kommt. Es beweist keinesfalls, daß
ohne innerliche Gegensätze, die von derselben letzten Art wie der geschlechtliche
1
Siehe oben § 19, S. 182 ff.
2
Siehe oben § 19, S. 191 f. und 188 ff.
3
Siehe unten § 27, S. 251 ff.