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II. Gezweiung und Verbandswechsel

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Dem Begriff der Vielmittigkeit des Gliedes verwandt ist der des

Verbandswechsels oder Mittewechsels. Darunter ver- / stehen wir

die Tatsache, daß, äußerlich betrachtet, ein Glied aus einer Ganz-

heit „austreten“ und in eine andere „eintreten“ kann, wie zum Bei-

spiel ein Staatsbürger aus dem Staat A austritt und in den Staat B

eintritt, ein Gläubiger aus der Kirche A austritt und in die Kirche B

eintritt, ein Arbeiter aus der Fabrik A austritt und in die Fabrik B

eintritt; wie endlich ein Wort aus einer Sprache, ein Begriffsmerk-

mal aus einem Begriff, sogar organische Materie (bei der Trans-

plantation) aus einer Ganzheit jeweils austritt und in eine andere

Ganzheit eintritt.

Der V e r b a n d s w e c h s e l b e d e u t e t k e i n A u s s e t -

z e n d e r G e z w e i u n g . Denn gäbe es ein solches Aussetzen

auch nur im geringsten Maße, so wäre Gezweiung nicht mehr die

Lebensform des Gliedes. Das Glied könnte dann auch ohne Ganzes

bestehen — was begriffswidrig ist. Verbandswechsel ist nur Ver-

änderung, nicht „Aussetzen“. Einerseits handelt es sich bei ihm

um nicht voll durchvergemeinschaftete Ganze und Glieder, um

unfertige Zustände, andererseits um Umgliederung. Durch Selbst-

aufhebung geschieht es, daß auch in der ständigsten Ganzheit in

jedem Augenblick jedes Glied sich zurückgibt, die Ganzheit es wie-

der ausgliedert. Der Verbandswechsel ist eine auf dieser Seinsweise

beruhende Möglichkeit. Zuletzt ist er nur im uneigentlichen Sinne

ein „Wechsel“; er beruht auf einer Läuterung, Berichtigung jener

Ganzheit, aus der ausgeschieden, und jener, in die ein Glied neu auf-

genommen (neu ausgegliedert) wird, ähnlich etwa wie Gedanken-

elemente einem Begriff zugewiesen werden, indem sie von dem an-

deren sich geschieden, sich nicht mehr „haltbar“ finden. Statt der

Läuterung kann freilich auch der umgekehrte Weg der Trübung, des

Irrtums, gegangen werden.

Der Verbandswechsel ist jene Erscheinung, die am meisten zu

der falschen Vorstellung beiträgt, als würde das Glied tatsächlich

auf sich selbst gestellt sein, von sich selbst leben und bestehen kön-

1

Weiteres zu diesen kurzen, weil nur die Kategorien betreffenden Be-

merkungen siehe in meinem Buch: Gesellschaftslehre,

z.

Aufl., Leipzig 1923,

S. 118 ff. [3. Aufl., Leipzig 1930, S. 127 ff.].

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