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Bauen der Brücke, ganz ähnlich wie Stahl und Eisen. Wir können diese Erkenntnis
in folgende Sätze kleiden:
„Staat“ muß sich in Wirtschaft verwandeln, um mit der Wirtschaft in Be-
ziehung zu treten;
„Recht“ muß sich in Wirtschaft verwandeln, um mit der Wirtschaft in Be-
ziehung zu treten;
Wissenschaft muß sich in Wirtschaft verwandeln, um mit der Wirtschaft in
Beziehung zu treten. Dies geht so durch sämtliche Teilganze der Gesellschaft
weiter.
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Und ebenso umgekehrt. Für den Staat ist die Wirtschaft nur ein Bestandteil
vom Staat selbst. Ob der Staat die Volkswirtschaft oder die Volksbelustigung oder
das wissenschaftliche und religiöse Leben organisiert — sofern er in seiner Weise
organisiert, ist er nur Staat; das „Was“ dessen, was er organisiert, ist ihm gleicher-
maßen nah und fern. Es gilt mithin: Wirtschaft muß sich in Staat verwandeln,
um zum Staat in Beziehung zu treten. Sofern sie dies nicht tut, ist sie nicht
„Wirtschaft“, sondern überhaupt das Nichtstaatliche, ist sie Teil vom Gesamt-
ganzen.
Das gleiche gilt für die anderen Teilganzen. Für das Recht ist Staat, ist
Wirtschaft, ist Wissenschaft, ist Kunst und Religion nicht je ein arteigenes Teil-
ganzes, sondern unterschiedslos das Gesamtganze, das Nichtrechtliche der Ge-
sellschaft, daher das rechtlich zu Ordnende schlechthin. Sofern Wirtschaft, Staat,
Wissenschaft aber doch zu ihm in Beziehung treten sollen, müssen sie sich selbst
erst in Recht verwandeln. Das Recht ist System der Normen; ob der (durch
Normen geregelte) Stoff dieses Systems wirtschaftlicher Art ist (Wirtschafts-
recht), ob dem Familienleben angehörig (Familienrecht), ob dem wissenschaft-
lichen Leben (Rechtsverhältnis der Hochschulen und Akademien), ob dem staat-
lichen Leben (Staatsrecht), ist für das Recht ganz gleichgültig. Es gilt daher
wieder: Wirtschaft muß sich in Recht verwandeln, Wissenschaft muß sich in
Recht verwandeln, um mit dem Recht in „Beziehung“ zu treten.
Nun noch ein letztes Beispiel, die Wissenschaft. Vom Standpunkt der Wis-
senschaft aus erscheint das Recht als ein logisches Gebäude von Begriffen; die
Wirtschaft gleichfalls als ein logisches Gebäude von Rangordnung der Mittel,
wie zum Beispiel besonders die doppelte Buchhaltung als ein klarer Ausdruck
solcher reiner Logik bestimmbar ist; der Staat ebenso als ein logisches Gebäude
jener Begriffe, welche die „Konsequenz“, „Widerspruchslosigkeit“, „Einheit“ des
staatlich-organisatorischen Handelns bestimmen.
Alle diese Beispiele zeigen den gleichen Tatbestand: daß ein
Teilinhalt oder Glied (Stufe) mit dem andern nur durch Mitte-Ver-
kehr in Verbindung tritt, n i c h t a u f u n m i t t e l b a r e m
W e g e , n i c h t d u r c h „ W e c h s e l w i r k u n g “ . D i e T e
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i n h a l t e u n d G l i e d e r s i n d f ü r e i n a n d e r u n b e -
r ü h r b a r, sind aufeinander nicht unvermittelt beziehbar, son-
dern müssen ihren Weg über die Mitte der höheren Ganzheit
nehmen.