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aufgeführte Drama, die aufgeführte Symphonie. Kulissen, Lampen-
licht, Auftreten der Schauspieler dort; seltsam gestaltete Musik-
geräte, Bewegungen der Geiger, Bläser, Dirigenten und vieles andere
hier zeichnen das ä u ß e r e , stofflich ausgegliederte Bild dieses Ge-
schehens. Beethoven konnte im gewaltigen Fluß des Schaffens seiner
Neunten Symphonie nicht an die angestrengt aufgetriebenen Backen
der Bläser, nicht / an die heftigen Bewegungen der Geigenbögen,
nicht an die Techniken des Gerätebaues denken — aber alle diese
äußeren Erscheinungen sind dennoch nicht himmelweit, nicht
schlechthin von der inneren Ebene der Eingebungen Beethovens und
Goethes entfernt, sind auch nicht Schein und Trug, denn sie bringen
ja die Eingebung zur Darstellung, zur letzten äußeren Wirklichkeit!
Der Zuschauer des „Faust“ kann daher auch nicht davon absehen, der
Hörer der Neunten Symphonie kann sie nicht gänzlich übergehen,
er muß mindestens die hervorgebrachten sinnlichen Töne hören
und durch diese in die gewaltigen Kämpfe und Siege der Beethoven-
schen Symphonie und ihre Zwiesprache mit dem Weltgeist versetzt
werden.
Wie weit auch die ausgegliederte Ebene, weil sinnlich mitbe-
stimmt, von der rückverbindenden, die ganz bei sich selbst bleibt,
ganz innerlich ist, entfernt sei, zuletzt ist es das Wesen des Äußeren,
das Innere darzustellen, das Wesen des Ausgegliederten, das Rück-
verbindende zum Vorschein zu bringen: die Ausgliederungskate-
gorien erscheinen als Entsprechungen des Transzendenten.
Gewiß ist unser Beispiel insoferne mangelhaft, als die Schöpfer-
vorgänge im Inneren Beethovens zum Teil schon die Töne selbst
betreffen; das Orchester also zuletzt mit den gedachten Tönen
eine gleichartige Seinsebene bildet, nämlich die sinnlich mitbe-
stimmte Seinsebene. Da aber die Töne im Geiste Beethovens sich
nicht in ihrer Sinnlichkeit erschöpfen, sondern dem Ausdruck eines
Geistigen dienen; die Töne, anders gesagt, nicht in ihrer Sinnlich-
keit, sondern in ihrem Gehalt an Innerlichkeit, genommen werden,
so nähert sich in Wahrheit der Vergleich zuletzt doch sehr dem Ver-
hältnis der rückverbindenden zur ausgliedernden Ebene an.
J e d e r s c h ö p f e r i s c h e V o r g a n g i m M e n s c h e n
b e l e u c h t e t d a s V e r h ä l t n i s d e r r ü c k v e r b i n d e n -
d e n u n d d e r a u s g e g l i e d e r t e n S e i n s e b e n e .
Aber noch von einem andern Beispiel her läßt es sich verdeutli-