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tivität des Wissens und damit zur Phänomenalität der Welt; wenn

es aber dabei gliedhaft ist, hat es Übersubjektives unmittelbar in

sich, erkennt es reine Objektivität, das Ansich, zuhöchst Gott.

C. Das V e r h ä l t n i s v o n W e s e n u n d D a s e i n

Von der aristotelischen und scholastischen Philosophie an bis zu

Schellings Spätlehre hat die Unterscheidung von essentia und exi-

stentia, Wesen und Dasein, „was es ist“ und „daß es ist“ eine Rolle

gespielt.

Bei Aristoteles geht die Trennung dessen, was später essentia und

existentia genannt wurde, auf die Unterscheidung von „Form“ und

„Stoff“ zurück. Sowohl Usia (Wesenheit) wie On (Sein) haben bei

ihm bekanntlich mehrere Bedeutungen. Aber seiend im engsten

Sinne ist ihm doch nur die Einzelsubstanz, zum Beispiel der Mensch

„Sokrates“, so daß also die allgemeine Wesenheit, die Gattung

„Menschheit“, davon zu trennen ist

1

.

Eine wahrhaft tiefsinnige Begründung der Trennung von Wesen-

heit und Dasein (Existenz) gibt Schelling, indem er geltend macht,

daß Freiheit auch die Möglichkeit des Nichtseins einschließe. Der

Wesenheit an sich, zuhöchst Gott, müsse daher diese Freiheit zu-

kommen, wenn nicht, wäre Gott unlebendig, unfrei, wäre er der

notwendig Existierende, als notwendig zugleich aber der „blind-

lings Existierende“

2

(weshalb Schelling „Potenzen“, Möglichkeiten

in Gott unterscheidet). Für Schellings / Spätlehre ist daher die

Lehre vom Wesen der Dinge und Gottes nur das Rationale. Erst die

Existenz, das „Daß“ gegenüber dem „Was“, ist ihr das Positive, zu-

gleich Irrationale. Für das wirkliche Dasein des Wesens gibt es nach

Schelling keine logische, rationale Begründung. Durch dieses Irratio-

nale ist ihm die Welt nicht wie der Hegelschen Philosophie die lau-

1

Vgl. Aristoteles: Kategorien, 5, 3b; Metaphysik, 1032b, 1043a, 1049b und

öfter.

2

So schon in der Ablehnung des ontologischen Gottesbeweises, der ja aus

dem Begriff (Wesen) die Existenz folgert, gelegentlich der Kritik Descartes’ —

vgl. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Sämtliche Werke, Abteilung I, Bd 10,

Stuttgart, Augsburg 1861, S. 14 ff.; wie später in der rationalen Philosophie, vgl.

Schelling: Sämtliche Werke, Abteilung II, Bd 1: Einleitung zu der Philosophie der

Mythologie, Bd 2: Philosophie der Mythologie, Stuttgart 1856—58.