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greifliche Weise hinzu, sondern ist sein Prius, seine Grundlage.

Sollen, Vollkommenheit ist vor (empirischem) Sein. In der Katego-

rie der Vollkommenheit ist die „Geltung“ (ein Modebegriff der

Neukantischen Schule, von Lotze entlehnt) eingeschlossen

1

.

/

D. Die Q u e l l e n d e s S e i n s b e g r i f f e s

Woher kommen wir überhaupt zum Begriff des Seins? Die An-

nahme jener erkenntnistheoretischen Kategorienlehren, welche

lehrt, daß es eine Weise unseres Denkens wäre, die uns zu „Sein“

oder „Realität“ führe (Kant, Fichte), ist aus denselben Gründen

zurückzuweisen wie die rein erkenntnistheoretischen Kategorien-

lehren überhaupt: sie führt zum Subjektivismus, damit aber zum

Empirismus und zur Vernichtung des „Apriorischen“ Kantens wie

des Metaphysischen, ja zur Vernichtung jeder nicht-empiristischen

Kategorienlehre überhaupt. Denn der Empirismus kennt folge-

richtig nur die „Beziehung“ als Urkategorie

2

.

Kant hat das Bejahen im Urteil (S ist P) als die Grundlage der

Kategorie „Realität“ erklärt. Es wäre zu entgegnen, daß auch das

Verneinen ein ebenso realer geistiger Akt ist, das „Nichtsein“ aber

doch nicht im selben Sinne eine Kategorie darstellen könne wie (bei

ihm) das Sein. Das „Sein“ ist also als bloßer Stammbegriff des Ver-

standes nicht ableitbar.

Dasselbe zeigt sich bei Fichte, wo das „Setzen“ (in der Selbst-

setzung die Phase vor der „Entgegensetzung“) die Kategorie der

Realität begründen soll. Das leuchtet schon mehr ein als die Kan-

tische Grundlage des Seins, die Bejahung — aber nur weil in diesem

Gedankengang „Setzen“ und „Sein“ (Wirklichkeit) als Wechsel-

begriffe, als gleichbedeutende Begriffe genommen werden. Es ist

aber ersichtlich, daß hier nicht eine W e i s e des Setzens (Kantisch

gesagt: des Denkens, des Verstandesgebrauches) die Kategorie „Rea-

lität“ in sich schließt; vielmehr geht die „Realität“ voraus, liegt

die Realität jedem Verstandesgebrauch, jeder Weise des geistigen

Setzens, Denkens schon zugrunde.

1

Vgl. oben S.

IOI

ff.

d 153 ff

2

Siehe oben S. 51 f.