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„Nichts ist nur Umkreis“, widerspräche. Beide Begriffe der Materie,

die in der Geschichte der Philosophie vorherrschen, sind unvollzieh-

bar, nämlich sowohl der platonisch-aristotelisch-plotinisch-scholasti-

sche Begriff, der die Materie als das schlechthin Aufnehmende, das

schlechthin Potentielle und darum auch das schlechthin Neutrale

1

,

schlechthin Passive und darum endlich auch absolut Unableitbare

(allerdings von sich selbst nicht / Existenzfähige, erst durch die

Einstrahlung der Idee zur Existenz Kommende) faßt und sie damit

als absolut Letztes bestimmt; wie auch der von Demokrit bis heute

daneben herrschende naturwissenschaftliche Begriff der Materie,

welcher sie als in unvernichtbaren Atomen gegeben faßt, sie also

abermals als ein absolut Unableitbares, absolut Letztes sieht.

Die Widersprüche des Atombegriffes und damit zugleich die Wi-

dersprüche des atomistischen Begriffes der Materie haben wir schon

früher ans Licht gebracht

2

. Einer weiteren Erörterung ist er über-

dies deswegen nicht würdig, da er nur der Ausdruck eines schroffen

Empirismus und Sensualismus ist, den man philosophisch nicht ernst

nehmen sollte.

Die Unmöglichkeit des ersteren Materienbegriffes haben wir hier

noch kurz auseinanderzusetzen. Wir heben in aller Kürze die fol-

genden Punkte hervor:

(1) Weil es nichts gibt, das schlechthin Umkreis wäre, gibt es auch

kein unterstes, kein letztes Ganzes, gibt es auch kein letztes Glied,

gibt es überhaupt kein Letztes. Der liebe Gott hat niemanden zum

Fußschemel der Welt gemacht, er hat allem und jedem sein Eigenes

gegeben, sein Eigenleben, seine Eigenmacht und seine Mittehaftig-

keit.

(2) Gäbe es ein absolut Unterstes und Letztes, so müßte es auch

ein absolut Totes geben, ein Begriff, den sogar die modernen atomi-

stischen Physiker nicht durchführen können, da sie in den Grund-

eigenschaften der Elektrizität und der Bewegung schon den Letzten

(den Atomen) unmaterielle und wenigstens in diesem Sinne nicht-

1

Vgl. Plotin: Enneaden, übersetzt von Otto Kiefer, 2 Bde, Jena, Leipzig

1905, Bd 1, III. Enneade, Buch 5, Kapitel 9, S. 216: Die Materie „kann von nichts

eine Einwirkung erleiden und bleibt ruhig... zwischen allem, was aufeinander

einwirkt, stehen, wie auch in einem Haus, in welchem die Bewohner einander

durchprügeln, das Haus und die darin befindliche Luft dadurch keine Einwirkung

erleiden“.

2

Siehe oben S. 71, 178, 319 und öfter.