74
[75/76]
W i r k l i c h k e i t , i n s o f e r n e s a l s d a s E i n g e g e -
b e n e o d e r V o r b i l d s t e t s s c h o n j e w e i l s w i r k -
l i c h u n d E i n e s i s t .
Von hier fällt ein Licht auf die Denkaufgabe, die der eleatische
Seinsbegriff stellt. Im Verhältnisse des ersten Seins zum zweiten
zeigt sich, in welchem Sinne die eleatische Behauptung des rein
wandellosen oder schlechthin wirklichen Seins, das sich nicht mehr
zu verwirklichen braucht (und darum auch notwendig sich selbst
gleichbleibt), auch bei dem lebendigen Seinsbegriffe, den wir ent-
wickelten, noch Grund finden kann. Führen wir dies an einem Bei-
spiele durch. Wenn die Eltern beschließen, ihre Kinder zuerst in die
Volksschule, dann ins Gymnasium und auf die Universität zu
schicken, so „wirkt sich“ dieser Beschluß als ein anerschaffendes
Sein in den Kindern aus, die ihn in jahrlangem Zur-Schule-Gehen
weiterschaffend durchführen. Dieser „Beschluß“ ist ein in sich selbst
beruhendes Sein von Schlechthinniger Wirklichkeit, das heißt von
einer Wirklichkeit, an der sich nichts mehr ändert und die also sich
selbst gleich ist, wandellos, ruhend und doch zugleich s c h l e c h t -
h i n w i r k s a m (actu). Das ausführende Tun aber der Kinder
ist in unaufhörlichem Flusse, in schrittweiser Entwicklung.
/
Wesentlich ist nun, daß diese „lautere“ „vollendete“ Wirklichkeit
trotzdem nur eine beziehungsweise ist! Denn jener „Beschluß“ muß
im Gedanken- und Gemütsleben der Eltern unaufhörlich neu ge-
schaffen, gutgeheißen, befestigt, festgehalten werden — das, was für
die untere Stufe (für die Kinder) schlechthinnige Wirklichkeit ist
und ein Vorgefundenes, das sie weiterzugeben haben, ist in der
höheren Stufe selbst (bei den Eltern) aus dem Schaffenden, das heißt
selber nur ausführenden, weitergebenden, ausbrechenden Denken
und Handeln ihres geistigen Lebens zu erklären. Die h ö h e r e
S t u f e i s t n u r f ü r d i e n i e d e r e l a u t e r e W i r k -
l i c h k e i t , i n s i c h s e l b s t i s t s i e n o c h i n B e w e -
g u n g b e g r i f f e n .
Das will immer wieder heißen: Das jeweils erste Sein ist im Ver-
hältnis zum jeweils zweiten Sein sich selbst gleiche Wirklichkeit, im
Verhältnis zu seiner eigenen höheren Stufe wieder nur weitergeben-
des Schaffen und darum ein Vorgang, eine schrittweise Verwirk-
lichung. Daher gilt allgemein: der Schaffende ist für das Geschaffene
schlechthin wirklich, schlechthin „actu“. Während das Geschaffene