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Bewußtsein des Enthaltenseins in einem Höheren, das Bewußtsein
der Geborgenheit in ihm und der eigenen Gebrechlichkeit gegen-
über einem Ungebrechlichen, das ist der einfache G l a u b e n s -
g r u n d , das ist das geheime Lied, das sich, gehört oder ungehört,
durch das ganze Leben des Geistes zieht. Aber gerade weil der
Glaube die Voraussetzung alles Bewußtseins ist und in seinen
Schichten den unbedingten Vorrang hat, kann er erst an den späte-
ren Schichten sich ausgestalten und vollenden. Die Entwicklung von
Wissen und Kunst, die Entwicklung aller höheren Kulturinhalte die-
nen ihm zur Darstellung. Wie sich Glauben im Wissen vollendet
(religiöses Wissen oder Dogma), an der Kunst vollendet (religiöser
Kultus gestaltet durch die Kunst) und an den anderen Geistesinhal-
ten; wie er diese durchdringt und begründet, das zu zeigen ist
nicht mehr Aufgabe der subjektiven Geisteslehre, sondern gehört
bereits der Lehre vom gesellschaftlichen Geiste an.
In einem eigenen Bande, in der „Gesellschaftsphilosophie“, wird mehr darüber
zu sprechen sein.