[243/244]
223
Blitzartig beleuchtet den Sachverhalt der Annahme und dessen,
was aus ihr folgt, der Begriff des „verlotterten Genies“. Dieses läßt
seine Eingebungen träge vorübergehen; oder — was über die „An-
nahme“ hinausgeht — es läßt das Angenommene nicht voll in sich
auswirken. Dem Geiste gehen unaufhörlich Bilder, Eingebungen,
Vorstellungen aller Art über die Szene. J e g r ö ß e r d i e s e E i n -
g e b u n g e n , u m s o m e h r v e r l a n g e n s i e d e n g a n -
z e n M e n s c h e n z u i h r e r A u s f ü h r u n g . Darum klagt
das Genie so oft, daß es unter der Last seines inneren Berufes zu-
sammenbreche, unter der es doch sein einziges Glück findet, aus der
es seine Stärke schöpft.
Nimmt der erleuchtete Mensch die großen Gesichte, die ihm
durch die Seele gehen, nicht an (zugunsten kleiner, die „bequemer“
sind, die mehr „Genuß“ versprechen), dann gebraucht er die ihm
gewordene Gabe nicht, dann verschleudert er sein Pfund, schließlich
verliert er sich in Trägheiten und wird zum „verbummelten“, „her-
untergekommenen“ und verlotterten Genie. „Viele sind berufen,
aber wenige sind auserwählt.“ — Dasselbe zeigt sich in der „Ver-
suchung“ jeder Art. In ihr buhlt die kleinere Gabe um Annahme
vor der größeren, oder der schlechte Einfall um Annahme vor dem
guten. (Auswahl bei den Heiligen zwischen den Eingebungen Gottes
und des „Teufels“!) — Der Philister nennt die Annahme der höhe-
ren / Eingebung „Jugendtorheit“, „Kinderkrankheit“, er schließt
die höhere Einfallspforte.
Die Tat des Geistes, die in der „Annahme“ (acceptatio) liegt, ist
aber, wie feststeht, selber keine einfache. Sie schließt in sich: (a) die
Gezweiung; und (b) die Willfährigkeit, die Aufgeschlossenheit.
Diese letztere ist nur eine Voraussetzung der Eingebung sowohl wie
der Annahme, die erstere aber hat eine grundlegende Bedeutung
für das Gepräge, die Beschaffenheit aller geistigen Erscheinungen.
Wir betrachten beide nacheinander ausführlich.
A. Die G e z w e i u n g i n d e r A n n a h m e
Als die erste entscheidende Tatsache zeigt sich, daß der Mensch
die Kraft zur Annahme nur in Gezweiung erlangt. Es ist hier nicht
unsere Absicht, das Wesen der Gezweiung abermals zu schildern,