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nis des Ich zur Wurzel des Dinges, das heißt zu seiner reinsten We-
senheit oder Idee (im Platonischen Sinne) zu bezeichnen, wie es oben
geschah. In diesem Sinne sprechen wir von einem Ich : Idee-Ver-
hältnis.
V. Zusammenfassung. Die Vorrangverhältnisse
Wir sind jetzt ans Ende der reinen Geisteslehre gelangt und
haben um der vielfachen Abweichungen von der herkömmlichen
Auffassung willen Grund genug, noch einmal auf den Weg zurück-
zusehen, den wir in mühsamer Wanderung durchschritten, bevor
wir zur letzten Frage, zu den Vorrangverhältnissen, übergehen.
A. R ü c k b l i c k a u f d i e G e i s t e s s t u f e n
Am Anfang des Stufenbaues des Geistes steht, noch in die Tiefe
bloßer Möglichkeit versenkt, der Glaube, ihm folgen: Eingebung —
Annahme (die Annahme erfolgt in Gezwei- / ung:) — das hinge-
bende Bewußtsein (genauer: jene Grundbeschaffenheit aller Geistes-
akte, die sich später zum inhaltlich erfüllten Gezweiungsbewußtsein
und sittlichem Bewußtsein ausbildet) —Wissen — Gestalten.
In dieser Stufenfolge sind zusammenzufassen: die Stufe vor der
Annahme; die Annahme; der Vollzug, der im eigentlichen Sinne
nur aus Wissen und Gestalten besteht, während das „hingebende
Bewußtsein“ in die Annahmetat selbst hinein gehört, da sie in Ge-
zweiung erfolgt. — Zu bemerken ist ferner, daß diejenigen Stufen,
die vor der „Annahme“ liegen, erst dann zur Entfaltung gelangen
können, wenn Annahme und Vollzug tatsächlich erfolgen. „Glaube“
oder das Enthaltensein des Geistes im Gesamtganzen, zuletzt in
Gott, ist vorerst nur eine Möglichkeit; „Eingebung“ vor der
Annahme gleichfalls nur eine Möglichkeit, aber schon in bestimmte-
rer Weise, gleichsam ein Husch, der vorübergehen oder festgehalten
werden kann. Aber auch sie verwirklicht sich erst schrittweise im
weiteren Verlaufe, nämlich im Vollzüge. — Schließlich ist festzu-
halten, daß alle diese Geistesstufen auf der äußeren Sinneserfahrung
und der inneren Sinnlichkeit des Menschen, als auf einem unent-
behrlichen Grunde, aufbauen müssen, daß daher alle Geistesstufen