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vom Glauben bis zum Gestalten leere Schemen und unverwirklicht
blieben, wenn nicht auch die Sinnlichkeit verwirklicht würde, die
daher für alle Stufen gleichsam den Grund macht
1
.
In Annahme und Vollzug wird ein grundsätzliches Verhältnis des
Ich zu seiner Setzung entwickelt, und zwar in verschiedener Weise.
Es entsteht:
1.
Eine Unterscheidung des Ich vom andern Ich in der Gezweiung,
ein Ich : Du-Verhältnis. Indem das Ich seine Tat als Gewußtes be-
ginnt, ist ein ursprüngliches Element im vollziehenden Bewußtsein
gegeben, das wir als Gewußtwerden vom Andern, als Hingebung an
den Andern und in der Folge / als Herzensfülle durch Verstehen
des Andern (Gezweiungsbewußtsein) sowie als Enthaltensein im ob-
jektiven Geiste oder sittliches Bewußtsein (welches durch objektive
Gerechtigkeit oder Mittewendigkeit gekennzeichnet ist) bestimm-
ten;
2.
eine Unterscheidung des Ich von seinem Gegenstande, als dem
Nicht-Ich, wodurch das Ich : Gegenstand-Verhältnis begründet
wird, das Gegenstandsbewußtsein oder Wissen; das Denken ist
nur die Fortführung der Unterscheidungstätigkeit;
3.
die Erfassung des Gegenstandes als Gestalt und Ausdruck seines
Sinngehaltes, der rein geistigen „Idee“, die als Gestaltwurzel zu-
grunde liegt. Daraus ergab sich das gestaltende oder künstlerische
Bewußtsein als arteigener Wesensbestandteil des Vollzuges. — Ihm
liegt das Ich : Idee-Verhältnis zugrunde. Da aber der gestaltende
Geist sich selbst zum Gestaltenden, Ausdrückenden, Erzeugenden
macht, so ist dieses letztere Verhältnis keine genaue Entsprechung
zum Ich : Du- und Ich : Gegenstand-Verhältnisse, in welchem bei-
den vielmehr gerade eine Selbstunterscheidung des Ich von einem
Andern sich kund gibt. Im Gestalten tritt dagegen eine Vereiner-
leiung mit der „Idee“ (dem schaffenden, gestaltenden Grunde) auf.
Daher das Ausbrechende, Zeugende alles Gestaltens.
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Darüber siehe unten S. 772 ff.