S i e b e n t e r A b s c h n i t t
Wollen und Handeln
„Was im Schauen angesammelt wird, fließt im Handeln über.“
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Dieser Satz muß den ersten Ausgangspunkt jeder Lehre vom Wollen
und Handeln bilden. In der ersten Ausgliederungsstufe des Geistes
fanden wir ihn bestätigt, indem der Eingebung Annahme und Voll-
zug folgen. Was im höheren Geistesgrund erbildet wird, wird zu-
erst in Denken und Kunst ausgewirkt. Was sodann im niederen
Geistesgrunde oder der inneren Sinnlichkeit, im sinnlichen Gemüte,
wahrgenommen und angesammelt wird, und was, damit untrenn-
bar verbunden, aus der äußeren Sinnlichkeit und Umwelt aufge-
nommen wird — d i e s e r h ö h e r e u n d n i e d e r e G e i -
s t e s g r u n d a l s G a n z e s g e n o m m e n , s c h l ä g t i n
W o l l e n u n d H a n d e l n aus. Unter „Wollen“ verstehen wir
dabei das innere Wirken, unter Handeln das äußere. Wollen ist nur
ein früherer Abschnitt des Handelns. Beide sind eins.
Das Wollen und Handeln ist durchaus als ein solches zu fassen,
das jeweils den g a n z e n Geist zur Grundlage nimmt. Wollen und
Handeln können auf den einzelnen inneren Stufen des Geistes —
zum Beispiel Annahme, Vollzug, innere und äußere Sinnlichkeit —
nicht gedacht werden. Die ü b e r l i e f e r t e M e i n u n g , d i e
d e m D e n k e n d a s W o l l e n z u r S e i t e s t e l l t u n d
d a s W o l l e n e b e n s o a l s e i n e e i n f a c h e G r u n d -
t ä t i g k e i t d e s G e i s t e s f a ß t , w i e d a s D e n k e n ,
i s t v e r f e h l t . Wollen ist ein Uberfließen des jeweiligen gan-
zen / Selbstes, keine abgesonderte, einfache, in sich gegründete Tä-
tigkeit des Selbstes, des Geistes! Der W i l l e u n d d a s H a n -
d e l n h a b e n k e i n e A r t e n , das heißt, sie erscheinen nicht
auf verschiedenen inneren Stufen des Geistes. Was darüber in der
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Vgl. oben S. 55 f., 71 f. und 138.