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Z u s a t z ü b e r d i e M o n a d e n l e h r e L e i b n i z e n s

Die Monadenlehre Leibnizens teilt insofern den atomistischen

Standpunkt, als sie einzelnes, für sich selbst bestehendes Sein in den

„Monaden“ annimmt („die Monaden haben keine Fenster“). Sie ist

aber insofern jeder Atomlehre durchaus entgegengesetzt, als diese

Monaden (1) geistige Wesenheit sind, substantielle Prinzipien der

Dinge (Entelechien, innere Tätigkeiten der Dinge als dunkles Vor-

stellen und Begehren) und als sie (2) daher unkörperlich sind, selber

keine Ausdehnung besitzen, daher die Ausdehnung aus der (ver-

worrenen) Vorstellung einfacher Wesen abgeleitet wird. Leibniz

schrieb infolgedessen der Ausdehnung Einfachheit, Stetigkeit (Kon-

tinuität) zu, nicht aber Zusammengesetztheit aus kleinsten Unteil-

baren, daher Leibniz in der Physik Gegner der Atomlehre mit

Recht sein durfte; (3) dadurch, daß jede Monade wieder alle ande-

ren spiegelt, das ganze Weltall spiegelt, kommt den Monaden aber

auf der anderen Seite doch wieder eine gewisse G l i e d h a f t i g -

k e i t im Gesamtganzen zu und sie v e r l i e r e n d a m i t d a s

s t r e n g E i n z e l h a f t e d e r A t o m e . — Die Monaden-

lehre Leibnizens ist also zwiespältig. Sie kann trotz ihrer kühnen

Genialität ihre Aufgabe nicht lösen, sie kann den Raum und den

Stoff aus dem „dunklen“ Vorstellen und Begehren nicht verständ-

lich machen. Es ist unmöglich, die Stofflichkeit zuletzt als Schein zu

erklären. Aber diese Lehre wies auf die Widersprüche der Atom-

theorie eindrucksvoll hin.

Man kann Leibnizens Monadenlehre als atomistischen Dyna-

mismus bezeichnen, so daß er damit den Übergang zum reinen Dy-

namismus bildet.

B.

Der D y n a m i s m u s

Die dynamische Auffassung geht von den Kräften aus und erklärt

den Stoff als eine Äußerung oder Erscheinung der Kräfte. / Für

K a n t , der diese bedeutsame Theorie begründete

1

, bestand die

1

Immanuel Kant: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft,

Teil

z:

Dynamik, 3. Aufl., Leipzig 1800. — Vgl. die Darstellung von Immanuel

Hermann Fichte in seinem Werke: Anthropologie, 3. Aufl., Leipzig 1876, S. 236 ff.