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grundsätzlich Schelling

1

. Das absolute Sein, von sich selbst abfal-

lend, wird zum Außereinander schlechthin, das ist zuerst der Raum,

aus dem dann, durch die Bewegung des Punktes in der Zeit, der

Stoff hervortritt. — Baader hat die ergebnislosen und gefährlichen

Konstruktionen der Schellingischen Naturphilosophie nicht mit-

gemacht, ist aber über Kants dynamische Lehre vom Stoffe nicht

hinaus gekommen

2

.

Die dynamische Naturauffassung als solche ist überall dem Ato-

mismus überlegen. Sie kennt keinen leeren Raum, da Raum nur

durch Raumerfüllung, die mit dem Ineinander der beiden Kräfte

von Anziehung und Abstoßung gegeben ist, entsteht; sie erklärt

die Elastizität aus den Spannungen und inneren Bewegungen jener

Raumerfüllung selbst, nicht aus absolut unelastischen Atomen. Sie

nimmt die Stetigkeit (Kontinuität) der Raumerfüllung zum Aus-

gangspunkte und kommt so über den Widerspruch hinweg, abge-

trennte, für sich bestehende Teilchen als das Erste der stofflichen

Welt annehmen zu müssen. / Diese Auffassung befriedigt aber in-

sofern doch nicht vollständig, als sie das Stoffliche aus einer bloßen

„Kraft“ erklärt, deren Subjekt und Herkunft unerklärt bleibt. Der

Übergang von der Kraft zum Stoffe kann nicht gezeigt werden.

Ferner aber: Trotz gegenteiliger Ansätze bei Kant selbst bleiben

diese beiden einander entgegengesetzten Urkräfte doch tot, mecha-

nisch! Denn es ist eine bloß mengenmäßige Mischung beider Kräfte,

aus denen die Qualitäten (eigentlich nur Mischungsgrade) der Ma-

terie, der Raumerfüllung, entstehen.

Das große Ziel dieser Lehre, die Maschinentheorie der Natur zu

überwinden, wie sie zuletzt Descartes ausgebildet hatte, nach der

die Natur als eine tote Masse, die von außen in Bewegung gesetzt

wird, erschien, dieses große Ziel wurde nicht erreicht.

über ist die „Darstellung des Naturprocesses“ (1843), aus dem handschriftlichen

Nachlasse, Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd 10, Stuttgart 1861, S. 301 ff.

1

Bekanntlich ist die Naturphilosophie der am wenigsten selbständige Teil

der Hegelischen Lehre. — Vgl. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wis-

senschaften im Grundrisse, in 2. Auflage neu herausgegeben von Georg Lasson,

Leipzig 1905, §§ 253 ff. (= Philosophische Bibliothek, Bd 33).

2

Die Nachweise siehe bei Johannes Sauter: Franz von Baaders Schriften zur

Gesellschaftsphilosophie, Jena 1923, S. 714ff. (= Die Herdflamme, Bd 14).