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Denkaufgabe im Begriffe des Stoffes wesentlich darin, die Undurch-
dringlichkeit und die Verschiedenheit der Raumerfüllung zu erklä-
ren.
Die Undurchdringlichkeit erscheint Kanten als ein Widerstand gegen eine
eindringende Kraft oder Bewegung. Dieser Widerstand ist also eine zurücksto-
ßende Kraft. Da jedoch die „Zurückstoßungs- oder Ausdehnungskraft“ die Ma-
terie in unendliche Teile zerstreuen würde, so ist eine zweite Kraft, die An-
ziehungskraft nötig, die ihr entgegengesetzt ist. Auch die Anziehungskraft allein
würde die Materie aufheben, da jene, für sich selbst wirkend, diese in einen
ausdehnungslosen Punkt zusammendrängen würde. Auf diese Weise erklärt also
die Zurückstoßungs- oder Ausdehnungskraft die Raumerfüllung, das Volle, Reale,
Positive; die Anziehungskraft dagegen den Zusammenhalt der Teile, die Ein-
schränkung jener ersten in das Weite strebenden Kraft, das Negative. Der ver-
schiedene Grad des Ineinanderseins beider Kräfte erklärt auch die verschiedenen
Grade der Raumerfüllung. Absolute Undurchdringlichkeit, Atom und leere Zwi-
schenräume gibt es nicht. Bei der chemischen Verbindung setzt Kant wirkliche
„Intussusception“, völliges Ineinandersein, Durchdringung, voraus, nicht wie nach
der Atomenlehre bloße „Juxtaposition“, Nebeneinandersein der kleinsten Teile.
Damit wendet sich Kant mit Erfolg gegen die atomistische Behauptung, daß es
unmöglich sei, einen „spezifischen Unterschied der Dichtigkeit der Materie ohne
Beimischung leerer Räume“ zu denken.
Der nachkantische Idealismus bemächtigte sich dieser großartigen
Bildungslehre des Stoffes. Schelling, Baader, Hegel und die Roman-
tiker stellten sich auf ihren Boden. — Schelling knüpft ausdrücklich
an Kant und das Ineinander der beiden entgegengesetzten Kräfte
Kantens an, verbindet aber mit seiner Konstruktion des Stoffes
seine allgemeine naturphilosophische Lehre. Darnach soll das abso-
lute Sein (später als Identität oder Indifferenz von Geist und Natur
erklärt) zuerst in die bewußtlose Materie übergehen, deren erste
innere Stufe der / Raum oder die bloß ausdehnende (akze-
lerierende, repulsive) Kraft ist; um von da aus stufenweise durch
das Eintreten der anziehenden (retardierenden) Kraft einzelne Ge-
bilde der körperlichen Natur hervorzubringen und durch die Ge-
staltungen der Organismen hindurch schließlich im menschlichen
Geiste zu sich selbst zu kommen. Daß dieses kühne Unternehmen,
die gesamte körperliche und lebendige Natur als einen einzigen gro-
ßen Fortschreitungsgang des Geistes zu erklären, nicht geglückt ist,
erkannte Schelling in seinen Altersjahren selbst an
1
. — Hegel folgt
1
Vgl. Schelling: Erster Entwurf eines Systemes der Naturphilosophie (1799),
Sämtliche Werke, Abt. 1, Bd 3, Stuttgart 1856; die reifste und letzte Arbeit dar-