Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4631 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4631 / 9133 Next Page
Page Background

[353/354]

319

Äußerung. Vom Anzeichen her sind zwar Rückschlüsse möglich,

aber nicht erschöpfend. Die Anzeichen sind nicht die substantiellen

Dinge und Vorgänge selbst. Daher sind die Anzeichen-Zusammen-

hänge, das heißt die m a t h e m a t i s c h e n N a t u r g e s e t z e ,

n i c h t d i e S u b s t a n z e n d e r N a t u r , s o n d e r n n u r

d a s B i l d d e r m e n g e n m ä ß i g e n Ä u ß e r u n g e n d e r

S u b s t a n z e n . Letztere liegen aber in den Qualitäten.

Es ist der große Vorteil der Kontinuitätsphysik, daß sie solche

Deutungen ihres Verfahrens ermöglicht, ohne den praktischen Be-

trieb der Physik zu stören, der auf absehbare Zeit mathematisch

eingestellt bleiben wird. — Auch in der Quantentheorie zeigen sich

ja Gedanken

1

, welche auf eine Einschränkung der mechanischen

Ursächlichkeit abzielen und sogar die Zukunft als Bedingung für

die Gegenwart gelten lassen — Gedanken, die zu nichtmathemati-

schen Betrachtungen in der Physik führen müssen.

/

2.

In der Physik ist ein g e s c h i c h t l i c h e r B e s t a n d t e i l

verfahrenmäßig aufzunehmen. Es ist ein Irrtum, daß es eine rein

mathematische Physik je gegeben habe noch geben könne. Selbst

wenn das Weltbild nach der Laplaceschen Weltformel fertig wäre

und man einfach „weiterrechnen“ könnte, bedürfte es des Einset-

zens aller Anfangswerte — und diese sind ein rein geschichtlich Ge-

gebenes, ein absolut geschichtliches Datum. Faßt man aber (durch

eine geringe Abänderung der Jaumannischen Formel) das gegebene

Raumkontinuum der Physik auf als die sich verräumlichende Ge-

samteinheit der Eigenschaften (Teilsubstanzen): dann ist nicht nur

im Ansatze, es ist auch in den Änderungen der Eigenschaften, im

„Weiterrechnen“, der geschichtliche Bestandteil enthalten. Das heißt

aber nichts Geringeres als: daß der Naturverlauf als Gesamtganzes

nicht berechnet werden kann, sondern einen einmaligen, einen ge-

schichtlichen Verlauf nimmt

2

. Die Nichtumkehrbarkeit der Na-

turvorgänge wird ja selbst in der atomistischen Physik in Form des

1

Auf die Erwin Lohr: Atomismus und Kontinuitätstheorie in der neuzeit-

lichen Physik, Leipzig 1926, S. 42, hinweist.

2

Auf die Einmaligkeit aller Naturvorgänge wies meines Wissens als einziger

Ernst Mach hin. „Die Natur ist nur einmal da“ (Ernst Mach: Die Mechanik in

ihrer Entwicklung, 3. Aufl., Leipzig 1897, S. 464 und 476). Sollte es nicht mög-

lich sein, dieser Tatsache verfahrenmäßig in der Physik Rechnung zu tragen?