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Geisteswelt zu nennen. Sobald man den Begriff des Geistigen zu

Ende denkt, kommt man, da Geist ohne Denken unmöglich ist,

zur Persönlichkeit. Dieser Schritt mag manchem als kühn erschei-

nen, aber er ist in der Natur der Sache wohl begründet. Auch im

Begriffe des Gliederbaues liegt es, daß die allumfassende Gesamtidee

des Geistes, die Menschheit, sich nur in individualisierte Stufen

und individualisierte Glieder oder Einzelwesen ausgliedert.

Erst indem die Ideenwelt als ein R e i c h , das will sagen als eine

Gemeinschaft, ein Gliederbau der göttlichen Schöpfergedanken er-

kannt wird, verstehen wir die Schaffensgewalt der Gattungen und

ihr Sein im Vor-Dasein, ihr vorweltliches Sein, in welchem alle

letzten Einzelwesen durch Rückverbundenheit enthalten sind.

Gott kann im genauen Sinne nun nicht mehr als „oberste Idee“,

als „Idee der Ideen“, „Form der Formen“ erscheinen. Wir sprachen

in unserer Ganzheitslehre dennoch öfters von der ausgliedernden

„Ur-Mitte“ oder von der obersten Ganzheit. / Wäre das nicht doch

die oberste Idee? Dies darf nur in einem solchen Sinne bejaht wer-

den, welcher jeden Pantheismus ausschließt. Wir nahmen schon in

unserer „Kategorienlehre“ wiederholt Gelegenheit, jede pantheisti-

sche Fassung des Ganzheitsbegriffes und jede pantheistische Folge-

rung aus ihm abzuweisen. Zuerst ist zu bedenken, daß nach dem

Satze: „Das Ganze geht in seinen Gliedern nicht unter“, die oberste,

allausgliedernde Ganzheit selbst unausgegliedert bleibt; sie geht in

ihren Gliedern nicht unter, der Schöpfer fließt nicht in das Geschöpf

aus. Ferner: Die oberste ausgliedernde Ganzheit erscheint nach dem

echten Lehrbegriffe der Ganzheit nicht in einer konkreten, be-

stimmten Ur-Mitte, nicht in einer einzigen, bestimmten obersten

Idee, sondern sie stellt sich in einem Gliederbau dar; denn die Ur-

mitte erscheint nicht, sondern es erscheinen schon in der obersten

Stufe m e h r e r e Ganzheiten, da ja alles Ausgegliederte in Ge-

zweiung ist. „Das Ganze stellt sich in den Gliedern dar“ — niemals

in einem Gliede, das nun seinerseits allein ausgliedernd wäre. Daher

ist Gott nicht die konkrete, nur die virtuelle Urmitte der Welt. Die

Mit-Ausgliederung oder Gezweiung verhindert, daß eine einzige

reale Urmitte, eine bestimmte erste Ausgliederungsmitte in Er-

scheinung träte. Das heißt aber, um dies immer wieder zu sagen, daß

Gott als ein bestimmtes Glied in dem Gliederbau der Ganzheit nicht

erscheint.