NACHWORT
von
Ulrich Schöndorfer
Othmar Spanns Wiederaufbau der Metaphysik
„Wir würden unser Wissen nicht für Stückwerk erklären, wenn wir nicht einen
Begriff von einem Ganzen hätten.“
(Goethe: Maximen und Reflexionen, S. 5
71)
Im Herbst des schicksalschweren Jahres 1918 wies Ernst Troltsch
den jungen Peter Wust auf die e n t s c h e i d e n d e Aufgabe al-
les philosophischen Bemühens mit den Worten hin: „Setzen Sie sich
in der Philosophie ein für die W i e d e r k e h r der Metaphysik
gegen alle m ü d e S k e p s i s einer in sich unfruchtbaren Erkennt-
nistheorie.“
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Kein Denker unseres Jahrhunderts fühlte sich dieser entscheiden-
den Aufgabe so tief verpflichtet wie Othmar Spann, kein anderer
hat die Gnade und Größe, aber auch die Härte dieser Aufgabe so
entschlossen auf sich genommen wie er. Es war ihm unfaßbar, wie
Philosophie ohne Metaphysik begründet werden sollte. Er wußte,
daß, wenn von irgendeiner Seite her einmal der Weg zu den Prinzi-
pien beschritten ist, „er naturgemäß erst seinen vollbefriedigenden
Abschluß bei den letzten Prinzipien alles Seins und Erkennens fin-
det.“
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Und das Wissen um diese letzten Prinzipien war für ihn,
wie für Robert Reininger eben das, was Metaphysik heißt. In ihr
sah er die eigentliche und wahre Philosophie.
In seinem Streben um den Wiederaufbau der Metaphysik stellte
sich Othmar Spann bewußt in den großen Denkzusammenhang der
abendländischen Philosophie. Er möchte sich, wie er in der Ein-
leitung zu seinem philosophischen Hauptwerk, dem „Schöpfungs-
1
Peter Wust: Gestalten und Gedanken, München 1940, S. 218.
2
Robert Reininger: Metaphysik der Wirklichkeit, Wien-Leipzig 1931, S. 273.
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