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[26]

sämtliche empiristischen Gesellschaftsphilosophien und für die neu-

kantische Schule.

Und diese Begriffsbestimmung ist durchaus folgerichtig. Ist der

Einzelne die ursprüngliche Wirklichkeit, dann ist der oberste poli-

tische Grundsatz: die F r e i h e i t d e s E i n z e l n e n . Und be-

steht der Staat in der Verbindung der Einzelnen (die daher be-

grifflich, vielleicht sogar geschichtlich, vor ihm sind); dann ist

folgerichtig die staatliche Verbindung so einzurichten, daß sie allen

Einzelnen möglichst viel Freiheit läßt: Das geschieht durch das

Recht. Das richtige Recht der Empiristen ist auf das höchste Maß

von Freiheit der Einzelnen eingestellt: Die Freiheit des einen soll

die des anderen möglichst wenig beeinträchtigen! Jene Wirklichkeit,

welche die wahre Quelle auch des Staates ist, der Einzelne, wird

durch möglichste Freiheit in ihrer Bildung am meisten gefördert,

anders ausgedrückt: am wenigsten gehemmt

1

.

Folgerichtig ist ferner das Recht etwas durchaus Äußerliches und

Utilitaristisches. Im besonderen entspricht der Äußerlichkeit des

Staates die Äußerlichkeit oder „H e t e r o n o m i e “ d e s R e c h -

t e s . Der Gegensatz dazu ist die „ A u t o n o m i e d e r M o r a l “

(Kant), welche der inneren Selbstbestimmtheit (Autarkie) des

menschlichen Wesens, unabhängig von der Gemeinschaft, entspricht.

3.

Die Sittenlehre

Der Grundsatz der Sittlichkeit des Empirismus kann gemäß sei-

ner Seelenlehre nur das L u s t g e f ü h l sein; und gemäß seiner

Gesellschaftslehre nur das Lustgefühl des Einzelnen. Da es eine

„Seele“ in Wahrheit nicht gibt, sondern nur Vorstellungen mit

Lust- und Unlustbetonung; die Mechanik der Lust- und Unlust-

größen aber immer ein solches Handeln des Einzelnen ergibt,

welches ihm die größte Lust sichert: so folgt daraus, daß auch die

Sittenlehre nichts anderes tun kann, als diesem Wesensgesetze des

Seelenlebens Rechnung zu tragen und die Lust als das Maßgebende

anzuerkennen (Hedonismus). Zu demselben wird sie von der Ge-

sellschaft her getrieben. Gesellschaft und Staat haben keine eigene

1

Näheres über die Grundsätze F r e i h e i t , G l e i c h h e i t , B r ü d e r -

l i c h k e i t in ihrem soziologischen Lehrgehalte siehe in meinem Buche: Der

wahre Staat, 4. Aufl., Jena 1938, S. 40 ff.,

42

ff., 48 und 94 ff.