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Zeit wieder den Tempel der Wissenschaft mit Licht und Göttern
erfüllte.
Um die Kantische Gesellschafts- und Sittenlehre zu verstehen,
bedarf es eines Blickes auf sein ganzes philosophisches Begriffs-
gebäude.
Es wurde in neuerer Zeit bekanntlich sehr verschieden, aber
schrittweise immer tiefer aufgefaßt. Man begann in den siebziger
Jahren mit einer mehr physiologischen Auffassung der Apriori-
Lehre Kantens (Hermann von Helmholtz, Friedrich Albert Lange).
Heute ist man nach einer logistischen, alles Metaphysische leugnen-
den Auslegung (durch die sogenannte Marburgerschule des Neukan-
tianismus und andere) so weit, daß man die metaphysische Wurzel
des Kantischen Denkens wieder anerkennt
1
.
A. Die G r u n d g e d a n k e n d e r E r k e n n t n i s t h e o r i e
K a n t e n s
1.
Das Apriori. Die Spontaneität
Kant folgt seinem Gegner, dem Empirismus, in der Fragestellung.
Er sucht ihn im eigenen Lager auf und verlegt damit den Kampf-
platz in die Erkenntnislehre.
Die Frage, wie Erkenntnis zustande komme, beantwortet der
Empirismus mit der schon erwähnten Formel: Nihil est in intel-
lectu, quod non fuerit in sensu (indem ihm die sensuellen Ein-
drücke dabei naturhafte, physikalisch-chemisch bestimmte Vor-
gänge sind). Schon Leibniz hatte darauf erwidert: „— nisi intelec-
tus ipse“, / außer dem Verstande selbst
2
. Man kann in gewissem
1
Vgl. Max Wundt: Kant als Metaphysiker, Stuttgart 1924; Johannes Sauter:
Baader und Kant (= Deutsche Beiträge zur Wirtschafts- und Gesellschaftslehre,
Bd 6), Jena 1928. — Früher vertraten namentlich der jüngere Fichte und Kuno
Fischer (Kant und seine Lehre, 1860, 6. Aufl., Heidelberg 1928) die metaphysi-
sche Auffassung Kantens.
2
Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz: Hauptschriften zur Grundlegung der Phi-
losophie, übersetzt von Arthur Buchenau, Bd 2 (= Philosophische Bibliothek,
Bd 108), Leipzig 1906, S. 54.
Auch sei hier auf die Umkehrung jenes empiristischen Satzes durch Hegel
hingewiesen, Hegel sagt richtig: Nihil in sensu, quod non fuerit in intellectu,
nichts ist im Sinne, was nicht im Verstande war, Enzyklopädie der philosophi-
schen Wissenschaften im Grundrisse, in 2. Auflage neu herausgegeben von Georg
Lasson, Leipzig 1920, § 8 (= Philosophische Bibliothek, Bd 33). — Vgl. oben S. 44.
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