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Sinne sagen, daß die Kantische Erkenntnistheorie nichts anderes sei

als die Ausführung dieser vernichtenden Antwort: — nisi intellec-

tus ipse. Kant prüft den Erkenntnisvorgang von Grund auf. Die

Sinneseindrücke sind ja nicht als mechanische Vorgänge zu ver-

stehen, etwa wie ein Siegel in Wachs abgedrückt wird. Daher die

Kantische Grundfrage lautet: Wie ist Erfahrung möglich? Das

Ergebnis seiner Untersuchung ist: Erfahrung ist nur möglich, wenn

etwas vor dem Eindruck und ohne ihn da ist, der Verstand selbst

(intellectus ipse), ein Vor-Empirisches, ein Vernunftursprüngliches,

wie es der jüngere Fichte später nannte, ein A p r i o r i , wie Kant

sagte.

Kant suchte das Apriori im Denken dadurch aufzuweisen, daß er

zwischen analytischen und synthetischen Urteilen unterschied. Das

analytische Urteil (Alle Körper sind ausgedehnt) fügt dem Subjekte

nichts Neues hinzu; dagegen tut dies das synthetische (Alle Körper

sind schwer). Da es nun nach Kant synthetische Urteile gibt, die

nicht aus der Erfahrung geschöpft sind (z. B. alle mathematischen

Urteile), so ist diese Synthesis nur durch ein Vorempirisches, ein,

wie Kant sagte, Apriori des Verstandes möglich. Die verschiedenen

Formen des Apriori heißen „Kategorien“, die Kant bekanntlich

nach der Einteilung ableitete, welche die Urteile in der formalen

Logik finden. Das Apriori aller jener Urteile, welche die Notwen-

digkeit der Aufeinanderfolge der Erscheinungen „nach einer Regel“

aussprechen, ist die Kategorie der „Kausalität“. Ein anderes Beispiel,

das wir genauer erklären wollen, bildet die Kategorie der Einheit.

Das Apriori des mathematischen Urteils „7 -f- 5 = 12“ ist nach Kant die Kate-

gorie der „Einheit“. Vom empirischen Standpunkte wäre „7 + 5 =12“ nur eine

Aufeinanderfolge von Setzungen: „/////// + ///// = //////////// “. Eine bloße Auf-

einanderfolge von Setzungen genügt aber nach Kant nicht, um die Einheit

„12“ als solche festzuhalten. Es ist eine s y n t h e t i s c h e Tat, eine nicht im

empirischen Material begründete Synthesis, also eine a p r i o r i s c h - synthetische

Tat, welche die „12“ als Einheit schafft, die immer d i e s e l b e ist, ob man

„4 + 8 = 12“ oder „6 + 6 = 12“ setzt. E r s t w e n n s i c h d i e z w ö l f

e i n z e l n e n S e t z u n g e n i n d e r a p r i o r i s c h e n F o r m , das heißt

der K a t e g o r i e d e r z e i t l i c h e n „ E i n h e i t “ , v o l l z i e h e n , i s t

n a c h K a n t d a s m a t h e m a t i s c h e U r t e i l m ö g l i c h .

Man könnte sich vorstellen — so dürfen wir das hier erläutern —, daß bei

einem Geistesschwachen die Setzungen „/////// + /////“ wohl erfolgen, daß er

aber die Summe als E i n h e i t , das heißt als zeitliche Synthesis, zu erfassen

nicht die Kraft habe; so daß die einzelnen Setzungen chaotisch nebeneinander

blieben, weshalb er dann auch kein mathematisches Urteil fällen könnte.