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bestimmung! Das kann nur geschehen durch eine andere Intelligenz.

(Der klassische Fall ist die Erziehung!) „Sollen überhaupt Menschen

seyn, so müssen mehrere seyn... Sobald man diesen Begriff

[des Menschen] vollkommen bestimmt, wird man von dem Den-

ken des Einzelnen aus getrieben zur Annahme eines zweiten, um

den ersten erklären zu können .. .

1

Hiermit ist eine entscheidende Wendung vollzogen! Ein Überin-

dividuelles, ein Über-Dir ist gewonnen. Die V i e l h e i t d e r

M e n s c h e n i s t n u n n i c h t m e h r i r r a t i o n a l . Das

Erkennen und der sittliche Vorgang vollziehen sich nicht im Einzel-

nen allein, sondern der andere Mensch ist ein wesenhafter Be-

stimmungsgrund dabei. Daher auch der Einzelne nicht zufällig

so ist, wie er ist, sondern im Gesamtganzen aller eine bestimmte

Stellung einnimmt. Im großen Plane der Vorsehung hat jeder, sagt

Fichte, seine Bestimmung.

Hiermit ist auch der Kantische F o r m a l i s m u s i n d e r

S i t t e n - / l e h r e überwunden; die Bestimmung weist jeden auf

gewisse Inhalte seines Lebens hin (z. B. den Musiker auf die Musik).

Das führt Fichte unter anderem in der „Anweisung zum seligen

Leben“ (1806) aus. „H a n d l e n a c h d e i n e r B e s t i m -

m u n g !“ ist der große kategorische Imperativ Fichtes, der dem

Einzelnen eine gliedhafte Stellung im Kosmos zuweist. Die Sitten-

lehre wird nunmehr auf dem G r u n d e d e r R e l i g i o n

entwickelt, während Kant sie noch ohne Religion zu begründen

versuchte.

Gleichlaufend mit diesem Gedankengange ist ein anderer, der

Fichte vom subjektiven Apriori zum objektiven, von der Er-

kenntnistheorie zur Ontologie führte. Das „Ich an sich“ erweist

1

Johann Gottlieb Fichte: Grundlage des Naturrechtes nach Prinzipien der

Wissenschaftslehre, Jena und Leipzig 1796, S. 31 (= Ausgabe Medicus, Bd 2 =

Philosophische Bibliothek, Bd 128). — Vgl. dazu mein Buch: Die Haupttheorien

der Volkswirtschaftslehre, 26. Aufl., Heidelberg 1949, S. 100, und Hans Riehl

in seiner Einleitung zu Fichtes Reden an die deutsche Nation (Fichtes Schriften

zur Gesellschaftsphilosophie, herausgegeben von Hans Riehl, Teil 1, Jena 1928,

S. 41 ff.).

Im ganzen stand Fichte damals trotzdem noch auf dem Boden der Kantischen

Staatslehre. Daher finden sich neben der soziologischen Kategorie der „ A u f -

f o r d e r u n g “ noch individualistische Kategorien des damaligen Naturrechtes,

die erst in der späteren Form des fichtischen Systems nach und nach, wenn auch

niemals gänzlich, überwunden wurden.