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[39]

leisten könnte; es muß sich vor ihm auftun und seinen Reichtum

und seine Tiefen ihm vor Augen legen und zum Genusse bringen

1

.“

„... wer die Welt vernünftig ansieht, den sieht sie auch vernünftig

an

2

.“ Das sind Gedanken Schellingischer Prägung, die aber Hegel

strenger durchführte! Man erkennt hier auch die Wiedererzeugung

platonischer Gedanken, die allerdings nicht in Nachahmung Platons,

sondern aus ganz anderen Voraussetzungen, wie sie die Entwicklung

der neueren Philosophie und der Kampf gegen die Aufklärung

schuf, erfolgte. „Das Wesen erscheint“ ist ein ebensolcher Satz

der Hegelischen Logik, welcher mit der Platonischen Ideenlehre und

der Aristotelischen Formenlehre innerlichst zusammenstimmt. Das

Sein ist Hegeln kein Totes und auch keine nichtige Erscheinungs-

welt; vielmehr ein Wesenhaftes ist es, das in ihm erscheint.

Hegels Standpunkt Kanten gegenüber bedeutet (ebenso wie jener

Schellings) nicht die Ablehnung des Apriori überhaupt, sondern

nur die Ablehnung des subjektiven Apriori. Das subjektive Apriori

wird nun zu einem objektiven erweitert; der b l o ß e r k e n n t -

n i s t h e o r e t i s c h e

u n d

s u b j e k t i v e

I d e a l i s m u s

w i r d z u r O n t o l o g i e u n d z u m o b j e k t i v e n I d e a -

l i s m u s . In der Erkenntnistheorie kommt man damit, freilich

ohne daß es bei Schelling und Hegel begriffsmäßig durchgeführt

wird, zu dem uralten, antiken Satze zurück: „Gleiches wird durch

Gleiches erkannt“. An der Spitze von Hegels System steht die große

Gleichung, die jeden echten Idealismus bezeichnet: Logik = Onto-

logie = Theologie.

A.

Das d i a l e k t i s c h e V e r f a h r e n

1.

Darstellung

Die Vernunft ist der sich realisierende Endzweck. Die inneren

Schritte, die sie auf diesem Wege macht, gibt uns in einem Schema

die „dialektische Methode“ an, die Hegel nicht erfand, sondern

schon Fichte vorgebildet hatte.

1

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Sämtliche Werke, Jubiläumsausgabe, her-

ausgegeben von Hermann Glockner, Bd 8, System der Philosophie, Teil 1, Logik,

Stuttgart 1929, S. 36.

2

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte, herausgegeben

von Friedrich Brunstäd (= Reclams Universalbibliothek, Bd 4881—4885), Leipzig

1907, S. 44.