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wird der S t a a t bestimmt als „objektiver Organismus der Frei-
heit“
1
, unter Ablehnung der Trennung von privatem und öffent-
lichem Rechte. Ausdrücklich wird gesagt: Der Staat darf nicht als
Mittel für äußere Zwecke gefaßt werden, sondern „als das unmit-
telbare und sichtbare Bild des absoluten Lebens.. .“
2
. Auch in den
letzten Schriften kommt dieser Standpunkt, wenn auch nicht aus-
schließlich, zur Geltung
3
.
Die Gesellschaftsauffassung N o v a 1 i s’
4
, A d a m M ü l l e r s
5
und der gesamten R o m a n t i k
6
ist von Anbeginn durch den
Begriff des metaphysischen und gesellschaftlichen Über-Dir so-
wie durch die andern eben angeführten Bestimmungen gekenn-
zeichnet.
VI. Hegel (1770—1831)
Eine Darstellung der Hegelischen Philosophie kann hier noch we-
niger erwartet werden als bei Kant, Fichte und Schelling
7
. Es ist hier
nur mög- / lich, jene Hauptpunkte kurz hervorzuheben, die zum
Verständnisse der Gesellschaftslehre unumgänglich notwendig sind.
1
Schelling: Sämtliche Werke, Abteilung 1, Bd 5, Stuttgart 1859, S. 3 1 2 .
2
Schelling: Sämtliche Werke, Abteilung 1, Bd 5, Stuttgart 1859, S. 316.
3
Schelling: Sämtliche Werke, Abteilung 2, Bd 1, Stuttgart 1856, S. 582 ff.
und öfter; zur Spätphilosophie Schellings vgl. das ausgezeichnete Werk von Con-
stantin Frantz: Schellings positive Philosophie, 3 Teile, Cöthen 1879 f., Teil 1,
S. 237 ff. und öfter, Teil 3, S. 254 ff.
4
Novalis: Die Christenheit oder Europa, 1799 (= Novalis’ Werke, Goldene
Klassiker-Bibliothek), Berlin 1908.
5
Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, herausgegeben von Jakob
Baxa, Jena 1922 (= Die Herdflamme, Bd 1).
6
Jakob Baxa: Gesellschaft und Staat im Spiegel deutscher Romantik (= Die
Herdflamme, Bd 8), Jena 1924.
7
Das Schrifttum über Hegel ist erfreulicherweise wieder gewachsen, zeigt
aber namentlich in der Gesellschaftsphilosophie Mängel. Die heutigen, an Neu-
kantianismus, Phänomenologie und Liberalismus oder am Empirismus groß ge-
wordenen Verfasser können Hegeln nur schwer gerecht werden, weil sie mit
der metaphysischen Denkweise nicht Ernst machen (wie z. B. Dilthey). Daher
halte man sich besser an Hegels Schüler: Johann Eduard Erdmann: Grundriß der
Geschichte der Philosophie, 3. Aufl., Berlin 1878. — Karl Rosenkranz: Erläute-
rungen zu Hegels Enzyklopädie (= Philosophische Bibliothek, Bd 34), Berlin
1870; Kritische Erläuterungen des Hegelschen Systems, Königsberg 1840. — Eduard
Zeller: Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz, München 1873. — Kuno
Fischer: System der Logik und Metaphysik oder Wissenschaftslehre, 3. Aufl.,
Heidelberg 1909. — Die Ethik des jüngeren Fichte enthält im ersten Bande eine
vorzügliche Lehrgeschichte (vgl. oben S. 29).