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65

A.

Das A b s o l u t e i n d e r W i r k l i c h k e i t

In gewissem Sinne ist das Werk Hegels nichts anderes als eine

Ausführung des Grundgedankens Schellings, wonach das Absolute

das Prius von Natur und Geist sei, daher sich ebenso wie in der

Natur im Geiste setzt. Hegel nimmt aber dabei auch Grundge-

danken Fichtes und Baaders in sich auf, weshalb er es ist, der, rich-

tig verstanden, vornehmlich die E i n h e i t d e s D e u t s c h e n

I d e a l i s m u s darstellt.

Das Absolute bestimmt Hegel, wie vor ihm Schelling, als die

„Vernunft“, daher man Hegels Lehre — nicht mit vollem Rechte!

— auch als „Panlogismus“ bezeichnete

1

. Anstatt „Vernunft“ nennt

Hegel das Absolute auch oft „Idee“ oder „Geist“ schlechthin (Welt-

geist), manchmal auch Logos. Wenn Schelling die kantische Frage:

„Wie ist Erfahrung möglich? — wie kann die Natur erkannt

werden?“ in die andere umkehrt: „Wie kommt die Natur dazu,

erkannt zu werden?“ und antwortet: „Weil sie selbst Geist ist,

weil das Absolute als Geist (Weltgeist) ihr Prius ist!“ — so unter-

nimmt es Hegel, in seiner Logik und Gesellschaftsphilosophie für

das gesamte Gebiet der Wirklichkeit den Beweis dafür zu erbrin-

gen. Diesen großen metaphysischen Sinn hat das berühmte Wort

Hegels in der Vorrede zu seiner Rechtsphilosophie (1821)

2

: „Was

vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, ist vernünf-

tig.“ Dieses Wort gilt Hegeln für die Natur im Sinne der Lehre

Schellings, es gilt für den „Objektiven Geist“ (die Gesellschaft) und

für die Geschichte. Ist die Welt eine Schöpfung und Selbstsetzung

des Geistes, dann ist sie auch nicht unerkennbar, ist sie nicht bloße

„Erscheinung“, wie Kant meinte (daher Hegel gegen Kantens Er-

kenntnislehre treffend einwendete, sie heiße: „Schwimmenlernen

ohne ins Wasser zu gehen“!). In solch tiefer Überzeugung sprach

er prophetische Worte wie diese: „Der Mut der Wahrheit, Glau-

ben an die Macht des Geistes ist die erste Bedingung des philo-

sophischen Studiums; / ... das verschlossene Wesen des Universums

hat keine Kraft in sich, welche dem Mute des Erkennens Widerstand

1

So z. B. Johann Eduard Erdmann: Grundriß der Geschichte der Philo-

sophie, Bd 2, 3. Aufl., Berlin 1878, S. 378.

2

Jetzt abgedruckt in Baeumlers Ausgabe von Hegels Schriften zur Gesell-

schaftsphilosophie, Jena 1927, S. 462 (= Die Herdflamme, Bd 11).

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