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kens keinen Abbruch tut, sie vielmehr erst begründet. Denn der niedere
Standpunkt wird immer befaßt und eingeschlossen von dem höheren.
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In dieser neuen Auflage wurden folgende Abschnitte neu bearbeitet:
Die Kreditlehre (John Law), Ertragslehre (Malthus), Rentenlehre (Ri-
cardo), Baader, die Standortlehre (Thünen), Macht oder ökonomisches
Gesetz? (Sozialpolitik), die Grenznutzenlehre, die Krisenlehre und der
Abschnitt über die gegenwärtige Volkswirtschaftslehre. Alle übrigen /
Teile wurden überprüft, die Schriftenangaben und Ratschläge im An-
hange „Wie studiert man Volkswirtschaftslehre?“ dem neuen Stande
angepaßt.
In der L a h n , Ostern 1926
Othmar Spann
bei Vordernberg in Steiermark
Aus dem Vorwort zur fünften Auflage
Durch das Entgegenkommen des Verlages kann nun das Buch endlich
in etwas vergrößerter Gestalt erscheinen. Durch diese Vergrößerung,
durch reichliche Anwendung von Kleindruck, durch äußerste stilistische
Knappheit hoffe ich, daß es mir gelungen sei, den Inhalt nunmehr jener
Abrundung anzunähern, die der Stoff selbst verlangt.
Wenn ich bedenke, wie schwer es ist, in den gesellschaftlichen Wissen-
schaften dem Neuling den rechten Weg zu zeigen, ihm das innere Wesen,
den Geist zu erschließen, und wenn ich nun nach fast zehn Jahren auf
das Buch in seiner neuen Gestalt blicke, fühle ich wohl, wie wenig es
seinem Zwecke auch heute genügen kann. In rein geschichtlicher Hinsicht
war meine Aufgabe noch verhältnismäßig leicht. Hier hielt ich die Er-
gebnisse der neueren Wissenschaften an jene der alten und konnte so
beide Gedankenwelten darstellen. Eine wesentliche Summe von Kennt-
nissen zu vermitteln, vermag daher das Buch sehr wohl. Aber ganz
anderes tut not: von dem Wesen der Sache selbst, von der gegenständ-
lichen Natur der Wirtschaft und Gesellschaft dem Jünger ein inneres
Wissen zu eröffnen! Wohl glauben heute die meisten, durch bloßen Unter-
richt unsere Wissenschaft übermitteln zu können. Volkswirtschaftslehre
ist aber ganz ungeeignet zu bloß äußerlichem Unterricht. Adam Müller, List,
Ricardo, Marx, Rousseau, Platon — hatten sie nicht alle eine eigene Idee,
eine eigene Wesenskenntnis, ein inneres Urbild dessen in sich, was das
Wesen und Werden der Gesellschaft ausmacht? Ich denke dabei nicht an
ihre besonderen Einzeltheorien (die ja erst der Ausdruck ihrer Idee wa-
ren), sondern an jene lebendige und unerklärbare innere Vorstellung,
wie wir sie im Bilde eines geliebten Menschen, einer Landschaft, einer
Heldengestalt, eines Zeitalters in der Brust tragen. Nun — so weit kann
wohl dieses Buch den Leser nicht bringen. Der Neuling wird jene tiefere
Idee nicht, schon zum Anbeginn und gleichsam im Fluge erhaschen kön-
nen, Er muß sic s i c h r e d l i c h e r a r b e i t e n . Aber dieses Buch
soll bereits die sichere Ahnung erzeugen und den ersten Funken erglim-
men lassen. Es soll die Überzeugung erwecken, daß mit bloß verarbei-
tenden Begriffen auch bloß die äußeren Werkzeuge gegeben sind, die je
nach der tieferen Wesenserkenntnis, je nach der individualistischen oder